Weg frei für Politik im virtuellen Raum

„Wir sind nicht die einzigen, die sich mit dem Thema befassen“, erläuterte Bürgermeister Björn Demmin. Mit Gesetz vom 7. September 2020 sei in der Gemeindeordnung der Paragraf „Sitzungen in Fällen höherer Gewalt“ eingefügt worden, mit dem die Möglichkeit von Videokonferenzen für kommunale Gremiensitzungen eröffnet worden sei. Damit sei trotz der aus dem Rechtsstaats- und Demokratiegebot abgeleiteten Anforderung für Präsenzsitzungen – mit der Möglichkeit für Bürger, den politischen Austausch vor Ort zu verfolgen – in Ausnahmesituationen eine Verlagerung in den virtuellen Raum möglich. Damit soll die Handlungsfähigkeit der politischen Gremien gewährleistet werden. Viele Sitzungen wegen Corona-Pandemie ausgefallen: Wegen der Corona-Pandemie waren auch in Preetz zahlreiche Termine für die Ausschüsse und die Stadtvertretung ausgefallen oder verschoben worden. Die jüngste Sitzung fand im sogenannten Pairing-Verfahren mit 14 statt 27 Stadtvertretern statt. Mit dem neuen Paragrafen in der Preetzer Hauptsatzung könnte in einer Videokonferenz getagt werden. Dabei sollen geeignete technische Hilfsmittel eingesetzt werden, um die Beratungen und Beschlussfassungen zeitgleich in Bild und Ton an alle Personen mit Teilnahmerechten zu übertragen. Wahlen sind davon ausgeschlossen. Die Stadt soll sicherstellen, dass die Einwohner Fragen stellen und Anregungen unterbreiten können. Die Öffentlichkeit soll durch eine zeitgleiche Übertragung in einem öffentlich zugänglichen Raum sowie durch eine Echtzeitübertragung im Internet hergestellt werden. Stadtverwaltung sieht noch Abstimmungsbedarf: „Wir sehen noch Abstimmungsbedarf bei Software, Ort und Verfahren“, erklärte Demmin. Spezielle technische Lösungen für kommunale Sitzungen gemäß Gemeindeordnung seien am Softwaremarkt bisher nicht bekannt beziehungsweise befänden sich noch in der Erprobung, heißt es in der Verwaltungsvorlage. „Wir hätten noch einigen Beratungsbedarf“, so Demmin. Denn für rechtsgültige Beschlüsse gelten besondere Anforderungen. Die am Markt befindlichen Videokonferenzsysteme bildeten diese Anforderungen gerade bei Einwohnerfragestunden, Öffentlichkeitsgrundsatz, Sitzungsleitung und Ausschließungsgründen nur zum Teil ab. Zur praxisgerechten Umsetzung würden die kommunalen Landesverbände in einer Arbeitsgruppe mit Dataport weiter beraten. „Wir arbeiten doch alle schon mit Videokonferenzen und sehen, dass da ab und zu einer rausfliegt“, so Demmin. Und ausgerechnet diese Stimme fehle dann bei der Abstimmung. Oder es sei jemand befangen und werde für den Zeitraum der Beratung aus der Sitzung ausgeschlossen – er könnte sich aber per Livestream im Internet wieder dazuschalten. Einwohnerfragestunden könnte man so regeln, dass die Fragen vorher per Mail geschickt würden. Lesen Sie auch: Weg zu Online-Formaten ist hürdenreich Bendfeldt: Gibt noch erhebliche Bedenken: Wolf Bendfeldt (FWG) sah noch einen gewissen Beratungs- und Abstimmungsbedarf. Man sei nicht gegen Videokonferenzen, aber in den Diskussionen sei deutlich geworden, dass es erhebliche Bedenken gebe. Man solle erst die technischen Voraussetzungen und dann die rechtliche Grundlage schaffen. Noch im November hatten viele Politiker in einer Ausschusssitzung Bedenken gegen den Live-Stream geäußert. „Wir sollten nach einem Jahr Pandemie die Bedenken bitte mal hintenan stellen und den Weg frei machen, um so arbeiten zu können“, forderte Hans-Jürgen Gärtner (CDU). Es gehe ja um einen Grundsatzbeschluss, der nicht gleich am nächsten Tag umgesetzt werden müsste. „Wir müssen jetzt handlungsfähiger werden“, sagte sein Fraktionskollege Simon Bussenius. Unterstützt wurden sie von Michael Howe (FDP), der vorschlug, mögliche technische Lösungen im Haupt- und Finanzausschuss zu beraten. „Wir sind ja in einer Notlage wegen der Pandemie und sollten es auf den Weg bringen“, erklärte Kristian Klinck (SPD). Das tat die Stadtvertretung dann auch mit ihrem Beschluss.

Stadtvertretung Preetz - Weg frei für Politik im virtuellen Raum