Unerwünschte Werbung in Plön: Stadt schreibt Geschäftsleute an

Wild blinkende Werbung, grell-bunt zuckende Logos und Schriftzüge, mit Leuchtkästen zugepflasterte Hausfassaden – so etwas will Plön in der Innenstadt nicht sehen. Seit 2015 ist eine Werbeanlagensatzung in Kraft, die das regeln soll. Die allerdings schwer verständlich ist. Warum gibt es immer wieder Verstöße dagegen? Vielleicht, weil sie auch so schwer nachvollziehbar ist. Zunächst haben 16 Betriebe in Plön Post bekommen: 16 Betriebe haben in diesem Monat Post von der Stadtverwaltung bekommen. 16 Betriebe in der Innenstadt von der Kreisverwaltung bis zur Krabbe. Und diese 16 Betriebe haben 34 Werbeanlagen, die falsch sind. Schilder, flächig beklebte Fenster, Leuchtreklame – aber auch Schriftzüge. Damit sind sie in Plön nicht alleine. Eine Überprüfung in den vergangenen Wochen ergab: 202 Werbeanlagen sind nicht so, wie die Satzung es vorschreibt. Das muss relativiert werden. Von den 202 Schriftzügen, Leuchtkästen und anderen Werbeanlagen sind zurzeit „nur“ 87 zu beanstanden. Der Rest hat Bestandsschutz. Diese Reklame hing bereits, bevor die Satzung 2015 gültig wurde. Fristverlängerung kann gewährt werden: Von den 87 geht es zunächst um 34. In dem Schreiben von Bürgermeister Lars Winter heißt es: „Ich bitte Sie, Ihre Werbeanlage bis zum 31.01.2021 den entsprechenden Vorschriften der Werbeanlagensatzung anzupassen oder die Anlage zu beseitigen.“ Soll jetzt ruckzuck Ordnung geschaffen werden? „Selbstverständlich gehen wir auf die persönlichen Umstände des jeweiligen Betriebes in der jetzt schwierigen Corona-Zeit ein. Das kann beispielsweise bedeuten, dass wir den Betrieben mit Rat zur Seite stehen und natürlich auch Fristverlängerung gewähren“, erklärt Wirtschaftsförderer und Stadtsprecher Frank Neufeind. Kleines Schild von "Steffi M." in Plön ist nicht satzungskonform: Anja und Stefan Menke betreiben in der Langen Straße 11 das Modegeschäft „Steffi M.“. Seit Jahrzehnten ist Menke als Kaufmann in der Plöner Innenstadt mit Geschäften präsent. Im August 2018 wurde „Steffi M.“ nach umfangreichen Umbauarbeiten in den ehemaligen Räumen von „Samen Braune“ eröffnet. Und dann ein Firmenschild über der Tür angebracht. „Wir wollten es klein und dezent, passend zum Haus“, sagt Stefan Menke. So ist es auch geworden – aber: Es ist trotzdem nicht satzungskonform. Und deshalb bekamen Anja und Stefan Menke in der vergangenen Woche auch Post vom Bürgermeister. Wie hätte es die Satzung denn nun gerne? Einzelbuchstaben sind gewünscht. Eine bestimmte Größe dürfen die nicht überschreiten. Das sieht gefällig aus. So wie bei den Kieler Nachrichten in der Langen Straße 15/16, bei der Twietendeel, Reisebüro Holiday Land, Fielmann oder Arko, um ein paar zu nennen. Was die Schriftzüge (Parallelwerbeanlagen) angeht, kommt man auf rund 30, die satzungskonform sind. Erhaben müssen die Buchstaben sein, aber ob ein Millimeter reicht oder es mehrere Zentimeter sein müssen, ist nicht genau klar. Das Schild von „Steffi M.“ ist eine flächige Werbeanlage – auch wenn die Fläche an sich relativ klein ist. Rausreden könne sich niemand: „Mit der Gewerbeanmeldung bekommen Geschäftsleute auch die Werbeanlagensatzung“, sagt Bürgermeister Lars Winter. Rausreden, man habe von den Vorgaben nichts gewusst, kann sich niemand. „Ich glaube, 80 Prozent der Angeschriebenen wussten, dass ihre Werbeanlagen nicht satzungskonform sind“, schätzt er. Die Aufforderung, die Werbung am Haus zu ändern, kommt zum denkbar ungünstigen Zeitpunkt, und das wird kritisiert. Es ist Shutdown, die Betriebe sind geschlossen, die wirtschaftliche Zukunft ungewiss. In all diesen Kummer und die Sorgen flattert die Post von der Stadt. In der Ausschusssitzung die Schreiben angekündigt: „Ich kann das ja nachempfinden. Aber was soll ich tun?“, sagt Winter. Er setzt eine Satzung um, die die Ratsversammlung so beschlossen hat. Das ist kommunales Recht. Die Umsetzung ist die Aufgabe der Stadtverwaltung. Am 25. November hatte Winter während der Sitzung des Stadtentwicklungs- und Planungsausschusses (SteP) erklärt, dass 202 Werbeanlagen ohne Genehmigungen sind, 87 davon nach Inkrafttreten der Satzung errichtet wurden. Und, dass die Grundstückseigentümer in einem Schreiben darüber informiert werden. „Niemand hat da gesagt, dass die Verwaltung die Füße stillhalten soll.“ Also wurden die Schreiben aufgesetzt. Verschickt wurden sie aber nicht mehr vor Weihnachten. „Für schlechte Nachrichten gibt es überhaupt keinen richtigen Zeitpunkt“, so Winter. Aber die Briefe sollten nicht unter dem Tannenbaum liegen. Der Sturm der Entrüstung hätte im Dezember allerdings kaum heftiger ausfallen können als jetzt im Januar. „Das wird hier dramatisch enden“, sagt Stefan Menke. Er hofft auf eine Satzungsänderung, eine Ausnahme. „Wenn hier weiter so reglementiert wird, wird der Standort Plön immer unattraktiver“, erklärt er. Lesen Sie auch: Kita Regenbogenhaus: Mit Erweiterung im Zeitplan Wie geht es jetzt weiter? Die Stadtverwaltung setzt auf Kooperationsbereitschaft. Die Frist bis zum 31. Januar kann verlängert werden. Und wenn sich jemand stur stellt? In der Satzung steht geschrieben, dass wer den Bestimmungen zuwiderhandelt, eine Ordnungswidrigkeit begeht. Die könne „mit einer Geldbuße bis zu 500 000 Euro geahndet werden“– Paragraph 11 (2). Übrigens: Die rechtliche Durchsetzung obliegt dem Kreis Plön, nicht der Stadt. Denn es handelt sich um Baurecht. „Mit einzelnen Verfahren gehen wir zum Kreis“, kündigt Winter an. Er hofft aber, dass vorher das Gespräch gesucht wird. Denn wie schon Wirtschaftsförderer Frank Neufeind erklärte, ist eine (zeitliche) Einigung überhaupt nicht ausgeschlossen. Die Kommunalpolitiker, die ja für die Verabschiedung der Satzung verantwortlich zeichnen, haben übrigens schon im Juni beschlossen, dass die Stadtverwaltung Schwachstellen und redaktionelle Änderungswünsche sowie Ergänzungsvorschläge auflisten möge und den Politikern vorlegen soll. Durch personelle Wechsel im Rathaus ist das noch nicht passiert. Doch nicht zu früh freuen: Dabei geht es vorrangig darum, wie Geschäfte in zweiter Reihe, in Twieten oder Obergeschossen für sich werben dürfen. Grundsätzlich stellen die Ratsleute die Satzung nicht in Frage.