Zum Tod von Peter Marxen: Der Herr des Hessensteins ist gegangen

Der Hessenstein steht an einem Fleck Schleswig-Holsteins, an dem sich Fuchs und Hase früh Gute Nacht sagen. Von dem Aussichtsturm, dem er seinen Namen verdankt, kann man die Ruh über den Wipfeln sehen. Das neben ihm stehende Forsthaus wirkt wie verwunschen. Und wer hier in den vergangenen Jahrzehnten am Abend eintrat, fand sich tatsächlich in einer Wunderwelt wieder. Zu später Stunde spielte Peter Marxen Jazz in voller Lautstärke: Der große Zauberer in ihrem Zentrum: Peter Marxen, der Herr des Hessensteins. Kam man zu früher Stunde, erlebte man ihn als stilles Tresenwesen, das den Besuchern den passenden Wein zum Menü einschenkte. Kam man später, hatte der Mann mit dem eindrucksvollen Bart und den funkelnden Augen die Anlage aufgedreht, spielte den Stammgästen Jazz in voller Lautstärke und scherte sich nicht um das Staunen der Uneingeweihten. Udo Lindenberg setzte dem Onkel Pö ein Denkmal: Mit Jazz hatte die Gastgeber-Karriere des 1939 am Weißenhäuser Strand geborenen Marxen auch begonnen, der vor seinem Wechsel nach Ostholstein das Hamburger Onkel Pö in eines der maßgeblichen Jazzlokale Europas verwandelt hatte. Legenden wie Stan Getz, Pat Metheny oder Al Jarreau machten in den 1970er-Jahren Station in dem kleinen Club, dem Udo Lindenberg in seinem Song „Andrea Doria“ ein Denkmal setzte. Peter Marxen holte einen der ersten Michelin-Sterne in den Norden: Eine Dekade seines Lebens widmete Peter Marxen, der zuvor eine Werbeagentur betrieben hatte, dem Onkel Pö. Dann übernahm er das alte Forsthaus Hessenstein auf dem Pielsberg oberhalb von Gut Panker und zeigte sich als Patron ebenso charaktervoll wie zuvor als Clubbetreiber. „Ich hatte einfach Spaß am guten Essen und bin viel in Frankreich und Italien herumgereist“, beschrieb er einmal seinen Zugang zur Gastronomie. Der Spaß wurde schnell Ernst: 1986 bekam der Hessenstein als drittes Restaurant in Schleswig-Holstein einen Michelin-Stern – damals eine Sensation. Auf der Leinwand wurde Peter Marxen von Axel Prahl verkörpert: Der Stern zog Gäste an: zunächst aus Hamburg und von den adligen Gütern, dann aus dem ganzen Land. Doch sogar ein Quergeist wie der in Lütjenburg aufgewachsene Rocko Schamoni zählte im Hessenstein zu den Stammgästen, weshalb Peter Marxen auch in seiner Autobiografie „Dorfpunks“ eine prominente Rolle spielt und in deren Verfilmung von Axel Prahl verkörpert wird. Von der Sterneküche hat sich der Hessenstein irgendwann wieder verabschiedet. Dem guten Essen ist das Forsthaus, an dessen Wänden die schelmischen Bilder des Gourmet-Malers Ernst Kahl hängen, bis heute verpflichtet. Mit Michael Heveker übernahm ein langjähriger Stammgast den Hessenstein: Es zählt zu den Besonderheiten der großen Gastgeber, dass sie einerseits unersetzlich sind, ihr Charisma sich aber andererseits auf ihren Wirkungsort überträgt. Als Peter Marxen vor einigen Jahren aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten musste, gelang es seinen Brigaden, seinen guten Geist im Haus zu halten. Als er sich vor zwei Jahren dazu entschloss, sich als Pächter zurückzuziehen, übernahm mit Michael Heveker ein langjähriger Stammgast das Restaurant, in dem der Herr des Hessensteins noch immer allgegenwärtig scheint. Hatte man zu Peter Marxens besten Zeiten einen besonderen Abend erwischt, ließ er zu vorgerückter Stunde Coleman Hawkins und Ben Webster „La Rosita“ spielen. „Das ist so ein Song, bei dem der Teppich seine Fransen aufstellt“, sagte er dann. Wie jetzt bekannt wurde, ist Peter Marxen am 10. Juni im Alter von 80 Jahren gestorben. Man weiß nicht, wo eine solche Seele empfangen wird. Im Gourmet-Paradies? Im Jazz-Himmel? Dass der Teppich dort seine Fransen aufstellen wird, ist sicher. Mehr aus der Region Plön lesen Sie hier.

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