Bürgermeister von Rendsburg Heinrich de Haan war Antisemit

Die Familie des ehemaligen Rendsburger Bürgermeisters Heinrich de Haan bittet die Stadt darum, eine 2009 gestiftete Büste des Politikers vom Altstädter Markt zu entfernen und an die Familie zurückzugeben. Hintergrund sind die Ergebnisse eines Gutachtens des Flensburger Historikers Professor Dr. Uwe Danker. Dieser hatte mit seinem dreiköpfigen Team seit Herbst vergangenen Jahres in Archiven in Rendsburg, Schleswig, Norderney, Detmold, Marburg, Bad Wildungen, Koblenz und Berlin am biografischen Vermächtnis des Politikers Heinrich De Haan geforscht. Büste im Zentrum der Stadt ist unwürdig: Dankers Fazit ist eindeutig: "Eine Ehrung De Haans im öffentlichen Raum eines demokratischen Gemeinwesens ist nicht würdig." Die Rendsburger Ratsversammlung hatte den Historiker der Universität Flensburg beauftragt, ein Gutachten zum Wirken des zweimaligen Rendsburger Bürgermeisters zu erstellen. Der Wissenschaftler von der Forschungsstelle für regionale Zeitgeschichte und Public History stellte es am Mittwochabend im Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport vor. Der Familie des ehemaligen Bürgermeisters lag das Gutachten bereits am Montag - zwei Tage vor Veröffentlichung - vor. "Das ist eine Frage des Anstands", sagte Danker. In einer Erklärung von Hendrik de Haan, die im Namen der Familie im Kulturausschuss verlesen wurde, heißt es: "Professor Uwe Danker wurde damit beauftragt, ein historisches Gutachten zu erstellen. Dabei sind antisemitische Äußerungen und Handlungen von Dr. Heinrich de Haan bekannt geworden, für die es aus meiner Sicht keine Entschuldigung gibt... Ich hoffe für meinen Großvater, dass er sich irgendwann vor sich selbst wegen seiner antisemitischen Handlungen geschämt hat." Die vorgelegten Dokumente seien "befremdlich", "abstoßend" und "wie aus einer anderen Welt", heißt es in der Erklärung. Ein preußischer Beamter: Die Flensburger Historiker attestierten dem ehemaligen Bürgermeister jedoch auch, dass dieser kein überzeugter Nationalsozialist war. Sein Verhalten zu Beginn der Nationalsozialistischen Schreckensherrschaft sei vielmehr durch "preußisches Beamtenverhalten" geprägt gewesen. Noch 1933 habe die NSDAP über ihn geschrieben: "Der wird niemals ein Nationalsozialist." In seinen Funktionen als Bürgermeister und Kurdirektor in verschiedenen Städten habe er - abgesehen von seinem ausgeprägten Antisemitismus - keinen "verwerflichen Aktionismus" an den Tag gelegt, so die Historiker. Nach dem Krieg habe er sich in seiner zweiten Amtszeit als Rendsburger Bürgermeister "fraglose Verdienste" erworben, indem er für internationale Städtepartnerschaften und Jugendaustauschprogramme eintrat. Die Diskussion über die Vergangenheit Heinrich de Haan's hatte der ehemalige Landtagsabgeordnete Günter Neugebauer (SPD) ins Rollen gebracht. In seinem Ende 2018 veröffentlichtem Buch "Gegen das Vergessen - Opfer und Täter in Rendsburgs NS-Zeit" bezeichnet der Autor De Haan als "Mitläufer", der kurz nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten einen Antrag zur NSDAP-Mitgliedschaft gestellt hatte. Neugebauer fühlt sich durch die Recherchen der Historiker bestätigt. An den Aussagen in seinem Buch sei "nichts falsch", sagte er nach der Vorstellung des Gutachtens. Der Kulturausschuss will sich in drei Wochen erneut zur Beratung treffen. Ein Beschluss wurde nicht gefasst. Hintergrund zu Heinrich de Haan: Als Bürgermeister erlebte de Haan drei politische Systeme: die Weimarer Republik, den Beginn des Nationalsozialismus und die Demokratie in den 1950er Jahren. Er war als einziger Politiker zweimal Bürgermeister in Rendsburg – von 1929 bis 1934 und von 1950 bis 1957. So beschreibt es der Historiker Edward Hoop in seinem umfassenden Werk zur Rendsburger Stadtgeschichte. De Haan wurde am 5. April 1896 in Bremerhaven geboren. Nach dem Krieg hat er Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Frankfurt studiert und sich 1929 als Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei bei der Rendsburger Bürgermeister-Direktwahl gegen einen SPD-Mann durchgesetzt. 1950 gewann er nach seiner Zeit als Kurdirektor auf Norderney, Bad Oeynhausen und Bad Wildungen in der Ratsversammlung die Bürgermeisterwahl gegen Stadtdirektor Ernst Wüstenberg. Die zweite Amtszeit De Haans als Bürgermeister endete 1957 mit seinem Tod. Newsletter der Kieler Nachrichten Kennen Sie schon die Post aus dem Newsroom? Den kostenfreien Newsletter der Kieler Nachrichten versenden wir Mo-Fr ab 17 Uhr. Hier können Sie sich für unser Mailing anmelden. Sie interessieren sich für Holstein Kiel? Dann melden Sie sich hier für den Newsletter " Holstein Kiel - Die Woche " kostenfrei an. Versand: jeden Freitag, 11.30 Uhr. 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