Interview: Sportstätten Kronshagen: "Haben zweifelsfrei Kapazitätsprobleme"

Herr Sander, mit dem Leichtathletikclub Kronshagen hat sich ein neuer Verein in der Gemeinde gegründet. Wie stehen Sie als Bürgermeister zu diesem neuen Sportangebot? Grundsätzlich begrüße ich ehrenamtliches Engagement und jede Form der sportlichen Betätigung ausdrücklich, insbesondere im Breitensport. Allerdings waren in diesem Fall offenbar einige Mitglieder einer Vereinssparte des TSVK unzufrieden mit den Trainingsbedingungen und den Hallenzeiten und haben in der Folge ihren Austritt geplant. Außerdem wurden offenbar alle Spartenmitglieder – mindestens aber alle Eltern – angeschrieben und aufgefordert, von der Leichtathletiksparte des TSVK in den neuen Verein zu wechseln. Dass dieser Schritt nach meiner Kenntnis nicht mit dem Verein und auch nicht mit der Eigentümerin der Sportstätten, der Gemeinde Kronshagen, besprochen wurde, hat mich durchaus erstaunt. Hauptgrund für die Neugründung ist laut Leichtathleten die Unzufriedenheit mit der Verteilung von Trainingszeiten durch den TSV Kronshagen. Die Gemeinde ist Eigentümer der Sportstätten. Wie lief die Vergabe und Aufteilung von Zeiten bislang ab? Ich erlebe regelmäßig, dass die Unzufriedenheit Einzelner zu solchen Reaktionen führt. Ein Vorgespräch mit der Verwaltung, das leider ausgeblieben ist, hätte den handelnden Personen möglicherweise verdeutlicht, dass sich die Trainingssituation, zumindest in Kronshagen, nicht verbessern dürfte. Die Kronshagener Sportstätten werden insbesondere von etwa 500 Kita-Kindern, 1900 Schulkindern und fast 3500 Vereinsmitgliedern des TSV Kronshagen genutzt. Die vorhandenen Kapazitäten können den Bedarf bei Kita und Schule, aber insbesondere im Vereinsbereich nicht ausreichend decken. Das betrifft gerade die Sporthallen und führt dazu, dass einige Sparten aufgrund der beschränkten Kapazitäten bewusst auf ein Wachstum und die weitere Aufnahme von Mitgliedern verzichtet haben. Es gibt seit Jahren ein sehr komplexes und klares Verfahren, nachdem sich die Sparten im Verein einigen. Bei diesen Einigungen gilt es immer wieder, Kompromisse zu akzeptieren und sich irgendwie zu verständigen. Diese Einigungen führen selten zu Begeisterungsstürmen, weil keine Sparte ihre Ziele vollständig erreichen kann. Letztlich wurden die Ergebnisse aber akzeptiert. Das ist gelebte sportliche Solidarität in einem großen Sportverein. Die praktische Umsetzung der Trainingszeiten, häufig mit täglichen Änderungen, erfolgt durch die Geschäftsstelle des TSVK, die eng mit der Verwaltung kooperiert. Mit einem neuen Verein gibt es einen weiteren Ansprechpartner mit eigenen Ansprüchen. Wie soll die Aufteilung der Sportstättennutzung zukünftig laufen? Muss sich die Gemeinde womöglich als Vermittler einschalten, wenn sich die Vereine nicht einigen können? Diese Ansprüche nehme ich deutlich wahr. So hat der neue Verein in einem Elternbrief den Adressaten signalisiert, dass „...natürlich Anspruch auf die Nutzung der Kronshagener Sportstätten" bestehen würde. Möglicherweise wurde den Spartenmitgliedern auch suggeriert, dass ein Verlassen des TSVK zu einer Verbesserung der Trainingssituation führen wird. Ich gehe davon aus, dass der neue Verein zukünftig eher weniger Trainingsmöglichkeiten in Kronshagen haben wird als die bisherige Sparte. Schließlich haben sich die Kapazitäten nicht verändert. Der TSVK wird weiterhin eine Leichtathletiksparte haben und sich in der Zukunft möglicherweise mit dem neuen Verein die bisherigen Leichtathletikzeiten teilen. Die Gemeinde wird in diesem Zusammenhang nicht vermitteln, sondern Trainingszeiten zuweisen. Wie bewerten Sie die aktuelle Übergangsphase? Der LAC ist gegründet, bietet Angebote an. Laut LAC-Vorstand Andreas Fuchs wird der Großteil der Mitglieder aber erst zum Jahreswechsel in den neuen Club wechseln. Herr Fuchs hat mich kürzlich per Email und später telefonisch über die Entwicklung informiert und ziemlich überrascht. Zwischenzeitlich gibt es auch andere Ideen der sportlichen Betätigung, von Yoga bis Hobbyfussball in der Halle. Diese Wünsche sind auch legitim, sie werden aber mit Blick auf die Sportstätten in Kronshagen nicht umgesetzt werden können. Auch ein dynamischer Expansionskurs eines neuen Vereins kann aufgrund der Gegebenheiten in Kronshagen nicht in Trainingszeit vor Ort umgesetzt werden. Um es klar zu sagen: Bei den vorhandenen Kapazitäten würde eine Ausweitung der Trainingszeiten für einen neuen Verein die Sparten des TSVK, die sich im Wachstum beschränken und seit Jahren und Jahrzehnten die Kompromisse um die Trainingszeiten solidarisch mittragen, zusätzlich benachteiligen. Das würde den TSV Kronshagen insgesamt beschädigen. Insofern wird die Gemeinde gerade in diesem Kontext sehr umsichtig handeln. Wie viele Mitglieder die Leichtathletiksparte des TSVK, angesichts der realistischen Perspektive tatsächlich verlassen werden, bleibt abzuwarten. Ursache der Problematik ist die Kapazität der Sportstätten in Kronshagen. Ein Thema, das Verwaltung und Politik schon länger beschäftigt. Ist eine Erweiterung der Sportflächen in der Gemeinde trotz der coronabedingten Haushaltslage denkbar? Und in welcher Form, Stichwort neue Sporthalle? Wir haben zweifelsfrei in unterschiedlichen Bereichen Kapazitätsprobleme. Wesentlich ist aber die Sporthallenkapazität. Die „Brüder-Grimm-Halle" und die „Eichendorffhalle" sind nicht ausreichend für die dortigen Kitagruppen, die Betreute Grundschule und 500 Grundschüler. Gleichzeitig ist die Halle des Gymnasiums, insbesondere aufgrund des Sportprofils, sehr begrenzt. Es gibt aus dem Kita- und Schulbereich seit Jahren den Wunsch nach einer weiteren Sporthalle. Richtig schwierig wird es im Nachmittagsbereich, wenn die Vereinssportler in die Hallen drängen. Dabei ist anzumerken, dass viele Sportgruppen heute schon ausweichen und im Sportlerheim, beim DRK, im Haus der Jugend oder anderswo aktiv sind, weil die Hallenkapazitäten nicht ausreichen. Die Judoka trainieren seit Jahren in veralteten, kleinen Räumen und die Fußballer trainieren im Winter teilweise mit vier Mannschaften auf dem Kunstrasenplatz. Der Bedarf an zusätzlichen Sportstätten, insbesondere an einer weiteren Sporthalle, ist aus meiner Sicht unstrittig. Trotz der coronabedingten Haushaltslage und vielen anderen Herausforderungen könnte sich aus den aktuellen Förderprogrammen von Bund und Land eine attraktive Möglichkeit ergeben, wenn sich die Vereine an den Folgekosten wie Reinigung und Energie beteiligen. Muss eine politische Diskussion über die Erweiterung der Sportstätten aus Ihrer Sicht zeitnah folgen? In Kronshagen wird seit fast 20 Jahren über eine zusätzliche Sporthalle diskutiert. Ich werde den zuständigen Gremien empfehlen, diese Thematik kurzfristig zu beraten. Die Fragen stellte Florian Sötje.