Isetta: Nikolaus rollt mit Knutschkugel an

Schneemangel am Nikolaustag? Otto Christophersen (71) bot dem Nikolaus als naher Bekannter als Ersatz für den von weißen Pferden gezogenen Schlitten eine frisch restaurierte Isetta an. Der Geschenkebringer wird mit dem Oldtimer als standesgemäßen wie straßentauglichen Ersatz am 7. Dezember beim Kindergarten vorfahren. Die Isetta war schon in den 50er Jahren Kult. „Knutschkugel“, den Spitznamen verpassten Zeitgenossen dem Fahrzeug wegen des auffälligen Designs und der für Frischverliebte attraktiven Platzzahl auf der schräg geneigten Sitzbank: Hinter der kugelig gewölbten Fronteinstiegstür war im schmalen Wagen gerade Platz für Zwei. Vier Jahre möbelte Elektromeister Otto Christophersen mit Freunden die Isetta aus dem Baujahr 1960 bis zu Fahrtüchtigkeit auf. „Ich habe die Teile als Schrotthaufen gekauft.“ Jetzt hat sie im Fuhrpark Christophersens Schmuckstückstatus erreicht. Die zur Karosseriefarbe rot-beige passenden Felgen und das Verdeck – einer der luxuriösen Ausstattungsstandards der Isetta -, die Blinkerhörnchen und Scheinwerfer links und rechts, das an der Tür innen montierte Lenkrad mit dem Knickgelenk, die vom Fahrer mit der linken Hand bedienbare H-Schaltung, die in den 50er Jahren hochmoderne Hydraulikbremse, der über eine Seitenklappe erreichbare Motorraum und der unter der Hutablage verborgene Benzinhahn - alles ist original. Ein Einzylindermotor mit sagenhaften 13 Pferdestärken Leistung und 250 Kubikzentimeter Hubraum beschleunigt die Isetta auf maximal 80 Stundenkilometer. „BMW baute ursprünglich Motorräder, das ist ein Motor für ein Motorrad“, erzählte Christophersen von der Entstehungsgeschichte des Wagens. Otto Christophersens Jugenderinnerungen an das legendäre Fortbewegungsmittel der Bayrischen Motorenwerke sind spektakulär. Bei Testfahrten auf dem zu später Stunde menschenleeren Hindenburgufer in Kiel erwies sich ein Vorgänger seines jetzigen Modells als solider Partner für waghalsige Manöver. Um sich den Fahrtwind um die Ohren wehen zu lassen, stellte sich der Fahrer bei offenem Verdeck auf die Sitzbank, ein Backstein auf dem Gaspedal hielt das Tempo, gelenkt wurde mit den Knien. Heute fährt Christophersen das Dreirad, das mit 2,30 Meter Länge, 1,33 Meter Breite und 1,35 Meter Höhe auf seinen drei Zehn-Zoll-Rädern neben SUVs wie ein Spielzeug wirkt, mit geschlossenem Verdeck. Die Isetta hat für ihn Sammlerwert. 30000 Euro, schätzt Christophersen, ist der Winzling wert. Der Isetta-Kult kann weitergehen: Das Design des Fahrzeugs inspirierte ein Schweizer Unternehmen zur einer Neuauflage. Es gibt die Knutschkugel in einer Version mit E-Motor. Fahrer des Modells aus dem 21. Jahrhundert können testen, ob der zweite Spitzname der Isetta weiterhin zutrifft: „Schlaglochsuchmaschine.“