Löwe-Chef in Flintbek ärgert sich über die Anhebung der Gewerbesteuer

Der Beschlussvorschlag der Gemeindeverwaltung Flintbek war deutlich: Festsetzung der Hebesätze für die Grundsteuern A und B auf 450 Prozentpunkte (vorher 340) sowie Erhöhung der Gewerbesteuer auf 425 Prozentpunkte (vorher 350), um die Einnahmen der Gemeinde zu mehren. Die Erhöhung der Hebesätze wurde Ende Januar mit den Stimmen von Grünen, SPD, FDP und einer CDU-Stimme beschlossen. Der Rest der CDU-Fraktion und die UWF stimmten dagegen. Die betroffenen Unternehmer in Flintbek reagierten mit Entsetzen auf die drastische Erhöhung. Mit dieser Anhebung sei Flintbek die einzige Gemeinde in Schleswig-Holstein mit Ausnahme von Kiel (450), Lübeck (450) und Norderstedt (440) mit einem Hebesatz von über 400 Prozentpunkten, sagt Randolph Schröder kopfschüttelnd. Der 52-Jährige ist geschäftsführender Gesellschafter der Firma Löwe-Scheren, die seit einem halben Jahr im Gewerbegebiet am Konrad-Zuse-Ring in Flintbek sitzt. Löwe-Firmenchef: "Das ist ja Raubrittertum": „Ich bin entsetzt über die Erhöhung. Da fehlt doch komplett das Augenmaß, das ist ja Raubrittertum“, sagt Schröder, und Sebastian Meier nickt zustimmend. Meier ist Firmenchef von Viking Telecom, auch seine Firma sitzt im Flintbeker Gewerbegebiet. „Wir können es noch gar nicht fassen, dass eine solche Erhöhung so ohne Diskussionen durchgewunken wurde“, gibt er zu bedenken. Die Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle in den Gemeinden. Laut Paragraf 3 Absatz 2 der Abgabenordnung handelt es sich um eine Real- oder Sachsteuer. Sie zählt zu den Gemeindesteuern und wird auf die objektive Ertragskraft eines Gewerbebetriebes erhoben. Dazu wird für gewerbesteuerliche Zwecke ein Gewerbeertrag ermittelt. Die Gemeinde muss die Gewerbesteuer mindestens in Höhe des doppelten Messbetrages erheben. Das Hebesatzminimum liegt bei 200 Prozentpunkten. Bis 1997 erfolgte eine ertragsunabhängige Besteuerung der Substanz des Gewerbebetriebs mit der Gewerbekapitalsteuer, seitdem nur noch in den Gewinnhinzurechnungen, die bestimmte Finanzierungskosten in die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage einbeziehen. Der durchschnittliche Gewerbesteuersatz im Kreis Rendsburg-Eckernförde liegt nach Angaben des Statistischen Bundesamts bei 322 Prozentpunkten in den 165 Gemeinden – das Minimum liegt bei 250, das Maximum bei 380. Bislang gab es in Flintbek einen Steuersatz von 350 Prozent, nach der Steigerung werden 425 Prozent erhoben. Die Firma Löwe fertigt seit 1923 Scheren für den Obst-, Wein- und Gartenbau sowie technische Scheren für die Industrie und das Handwerk. Die Marke „Original LÖWE“ wird in über 90 Ländern vertrieben. „Dabei sind glückliche Mitarbeiter, ein partnerschaftlicher Umgang mit Kunden und Lieferanten, eine nachhaltige Fertigung sowie soziales Engagement die Werte unseres Unternehmens“, betont Randolph Schröder, Enkel des Firmengründers. „Im Sommer 2019 haben wir unser neues Büro- und Fertigungsgebäude bezogen." Dieses habe man im Vertrauen darauf gemacht, "dass auch in der Gemeinde Flintbek mit den Gewerbetreibenden ordentlich umgegangen wird und es ähnlich wie wir es aus Kiel gewohnt waren, ein Vertrauensverhältnis zwischen Wirtschaft und Politik besteht.“ Lesen Sie auch: Sorka Eixmann kommentiert die Flintbeker Gewerbesteuer "Vertrauen in die Gemeindeverwaltung Flintbek stark geschädigt": Daher ist Schröder auch sehr enttäuscht: „Leider wurde mit dieser völlig überzogenen und unangemessenen Erhöhung mein Vertrauen in die Gemeindeverwaltung stark geschädigt“, ärgert er sich. Und hat Zahlen parat: „Diese Erhöhung hat dramatische Auswirkungen, in zehn Jahren bedeutet das eine Million Euro an Mehrausgabe. Ich kann nachvollziehen, dass bei einer Erhöhung der Ausgaben der Gemeinde, auch die Einnahmen erhöht werden müssen, aber das muss unbedingt angemessen geschehen“. Eine Anhebung um 25 Prozent, also 75 Prozentpunkte des Hebesatzes sei alles andere als angemessen. „Wir haben keine Wahl, denn wir haben ein erhebliches Defizit im Haushalt“, entgegnet dem SPD-Fraktionssprecher Rainer Holsten und ergänzt: „Eine Konsolidierung des Haushalts kann nur mit einer Steuererhöhung gelingen.“ Die beiden Unternehmer betonen, dass Erhöhungen dieser Größenordnung sogar in einen Standortwechsel münden könnte. Genau das plant nun die Firma von Sebastian Meier. „Wir wollen vergrößern und bauen, das werden wir nun an einem neuen Platz machen.“ Auch für ihn steht fest: „Eine angemessene Erhöhung wäre maximal 20 Prozentpunkte, also eine Anhebung auf 360 Prozentpunkte gewesen.“ Lesen Sie auch: Gemeinde macht jährlich Millionenminus Hebesatz war Standortfaktor: Schröder ärgert sich, weil seine Firma erst vor Kurzem nach Flintbek gezogen ist. „Für uns war der Hebesatz ein ganz entscheidender Standortfaktor, sich hier anzusiedeln und mehrere Millionen Euro in diesen Standort zu investieren. Die Steuerersparnis aus dem 450-Prozent-Hebesatz von Kiel ist voll in unseren Finanzierungsplan eingeflossen. Damit ist unser Unternehmen gefährdet“, sagt er. In einem Hebesatz für Gewerbesteuer der jeweiligen Gemeinden muss sich seiner Meinung nach auch deren Attraktivität für den Standort widerspiegeln. Lesen Sie auch: So viel Grundsteuer zahlen Bürger im Schnitt „Der neue Hebesatz befindet sich auf dem Niveau von Kiel, Lübeck und Norderstedt, diese Städte bieten die volle Infrastruktur mit allem, was Betriebe benötigen. Ein Vergleich der Gemeinde Flintbek mit diesen Städten erscheint mir völlig lächerlich.“ Sebastian Meier und Randolph Schröder hoffen auf ein erneutes Nachdenken der Gemeindevertretung. „Gern komme ich auch für ein Gespräch vorbei“, betont Schröder. Weitere Nachrichten aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde finden Sie hier.

Kritik an Erhöhung - Ärger um Gewerbesteuer in Flintbek