Nach 50 Jahren: Das vergessene Grundstück in Emkendorf

Eine wundersame Landvermehrung hat die Gemeinde Emkendorf erlebt. Ein Brief der Deutschen Bahn AG mit einem Pflegeangebot für ein Waldstück, das südlich des Bahnhofs Bokelholm an die Bahnstrecke Hamburg-Flensburg grenzt, überraschte Bürgermeister Jochen Runge. Die Bahn AG hatte recherchiert, dass eine 4000 Quadratmeter große, 390 Meter lange Fläche, die gegenüber der Häuser Süderstraße 10 bis 20 auf der Westseite der Bahnlinie liegt, im Gemeindebesitz ist. Das war selbst Jochen Runge, der nach 41 Jahren im Amt seine Gemeinde in- und auswendig kennt, neu. Hartröhn findet sich als Flurname auf der Karte: Das Gebiet muss vor Jahrzehnten vermessen worden sein. „Hartröhn“ findet sich als Flurname auf der von der Bahn mit gesendeten Karte. Unterlagen in den Gemeindeakten jedoch habe er nicht dazu entdeckt, berichtet Bürgermeister Jochen Runge. Mitarbeiter der Amtsverwaltung damit belasten, in Archiven nachzuforsten, will er nicht. Jochen Runge vermutet, das Gelände geriet nach dem Ausbau der Kreisstraße K 49 vor mehr als 50 Jahren in Vergessenheit. „Das war vor meiner Zeit.“ Die Trasse der Straße wurde damals neu gelegt. Der alte, wassergebundene Weg zwischen der Bahnlinie und dem Waldstück, das heute zur Forstbetriebsgemeinschaft Nortorf (bis 2008 Waldgemeinschaft Bokelholm) zählt, blieb erhalten. Er wuchs über die Jahre zu. „In uralten Zeiten wurden beim Straßenbau Eigentumsfragen nachrangig behandelt“, schätzt Jochen Runge. Möglich sei, dass die Gemeinde die Kreisstraße mit eigenen Mitteln neu baute und dem Kreis später überschrieb. Über die Fläche wurde nie gesprochen. Der Bürgermeister recherchierte weiter: Zeitzeugen gibt es nicht mehr. Bei seinem Amtsantritt vor 41 Jahren habe er mehrere Wochen mit dem damaligen Kämmerer Uwe Lohse die Flurbereinigungsakten der Gemeinde aktualisiert. „Uwe Lohse hat immer alles über die Gemeinden gewusst.“ Über die Fläche wurde damals nie gesprochen. Runge fand inzwischen heraus, dass der Waldweg, der früher zum Gemeindegrundstück führte, dem heutigen Waldbesitzer, nicht der Gemeinde, gehört. Das Waldwegstück, dass über die Kreisstraße führt, gehört dem Landesverband Straßenbau und Verkehr. Nachbar soll Waldfläche erhalten: Die Gemeinde plant, die Fläche dem Besitzer des benachbarten Waldes zu überlassen. „Wir kommen da gar nicht mehr hin, der alte Weg ist zugewuchert.“ Für Claus Ratjen von der Betriebsgemeinschaft Forst, zu der die Forstbetriebsgemeinschaft Nortorf gehört, ein nachvollziehbarer, aber seltener Vorgang. „Wir werden prüfen, wie wir damit umgehen.“ Für Waldbesitzer gelte an Bahngleisen das Rückschneidegebot. Die Bahn hat gegenüber Grundstücksanliegern das Recht, die Pflege von Bäumen und Sträuchern einzufordern. Vergessenes Land: Jochen Runge geht davon aus, dass es auf der Gemeindefläche weitere vergessene Grundstücke im Gemeindebesitz gibt. Zuletzt wurde eine 22 Quadratmeter große Fläche als Gemeindebesitz wiederentdeckt, auf der ein Brunnen geplant war. Der wurde nie gebaut. In der Regel sind Grundstücksbesitzer beim Einmessen der Fläche durch Fachfirmen oder das Landesvermessungsamt dabei. „Sie kennen die Fläche“, berichtet Kathrin Klockow vom Landesvermessungsamt vom üblichen Verfahren. Werden Daten bereits vermessener Grundstücke erneut gebraucht und kann ein berechtigtes Interesse daran nachgewiesen werden, gibt das Amt gegen eine Gebühr einen Auszug aus dem Liegenschaftskataster heraus. Mehr aus der Region Rendsburg lesen Sie hier.