Nortorf: Offene Kirche als Alternative zu abgesagten Gottesdiensten

St. Martin bleibt auch ohne Gottesdienstfeiern Anlaufstelle: Täglich von 10 bis 18 Uhr stehen bei der „Offenen Kirche“ die Türen auf. Mit Blick auf landesweit steigende Infektionszahlen hatte die Gemeinde vor Weihnachten Live-Gottesdienste abgesagt. „Seitdem steht die Kirche Einzelbesuchern offen“, erklärt Pastorin Anna Trede. Manchmal treffen Gäste Pastoren, Diakonin Silke Kröger oder Kantor Ulrich Hein an. Der Kantor übt auf dem Flügel oder auf der Orgel. Alle sind offen für ein Gespräch. Teilen beim Zuhören über Krankheit, Tod oder Einsamkeit das Leid. "Ich vermisse, dass ich regelmäßig in die Kirche gehen kann": Stephan Bruns (59) hat sich am Sonnabend in der letzten Stuhlreihe mit Christiane Kurke (59) einen Platz gesucht. Still betrachtet das Paar den Sonnenlicht durchfluteten Raum, pflegt eine Jahre lange Verbindung. „Ich vermisse, dass ich regelmäßig in die Kirche gehen kann, normalerweise bin ich im Kirchenchor“, erzählt Stephan Bruns. „Mal kurz zur Ruhe kommen“, ist das Motiv der Nortorferin Christiane Kurke für den individuellen Kirchenbesuch. Minuten später setzt sich 44-jähriger Nortorfer auf einen der auf Distanz gerückten Stühle. Er ist öfter auf ein Gebet Gast in St. Martin, erzählt er. „Meine Arbeit ist anstrengend, ich habe eine OP hinter mir. Meine Kinder wohnen weit weg. Hier finde ich ein bisschen Frieden.“ "Ich schnack ein bisschen mit ihm": Besucherin Andrea Ringlstetter ist dankbar: „Es ist sehr gut, dass die Kirche geöffnet hat.“ Seit Ausbruch der Pandemie nimmt sie sich jeden Tag Zeit für ein Gespräch mit Gott in St. Martin. Sie plant ihre Einkaufsroute so, dass die Kirche auf dem Weg liegt. „Ich schnack‘ ein bisschen mit ihm und bitte, die Pandemie möglichst schnell zu beenden.“ Zu ihrem persönlichen Ritual gehört eine Einhalt-Minute und Beten. Drei Vater Unser und drei Glaubensbekenntnisse., leise und schnell gesprochen. „Das beruhigt.“ Als Single muss man sehen, dass man unter Menschen geht: Das Gesamtatmosphäre im Gebäude bedeutet Andrea Ringlstetter viel. „Das gibt mir etwas. Mit Andachten oder Gottesdiensten ist es natürlich schöner.“ Der Kirchenbesuch im Tagesablauf ist der Nortorferin wichtig. „Als Single muss man sehen, dass man unter Menschen geht.“ Im Gespräch ist eine neue Landesverordnung, die ab zehn Gottesdienstbesuchern eine Anmeldung der Veranstaltung beim Ordnungsamt vorsehen soll. Ob sie umgesetzt wird, ist noch offen. „Mit dem Amt ist geklärt, dass mit dem von uns abgegeben Hygienekonzept die Anmeldung der Veranstaltungen erfolgt ist,“ erklärt Pastorin Anna Trede. St. Martin bleibt der Entscheidung treu, auf Live-Gottesdienste vorerst zu verzichten: „Wir fangen erst wieder an, wenn der Lock Down vorbei ist.“ Bei steigenden Infektionszahlen Gottesdienste zu planen, wäre unglaubwürdig. Gedanken und Musik zum Sonntag: Coronasichere Alternative sind vorab gefilmte Andachten. „Gedanken und Musik zum Sonntag“ zeichnete Pastorin Anna Trede mit Kantor Ulrich Hein und Sängerin Johanne Jensen per Handy ungeschnitten in einem Schwung auf. Die 16 Minuten-Andacht ist Sonnabend ab 18 Uhr auf der Kirchenwebseite abrufbar. In den Info-Kästen der Dorfkapellen rund um Nortorf steckt der Andachtstext in schriftlicher Form, für alle, die kein Internet haben.