Pastor Henry Koop aus Brügge sieht Gottesdienstabsagen als Signal

War es überhaupt sinnvoll, Gottesdienste im laufenden Lockdown – im Gegensatz zum Frühjahr – zu erlauben? Henry Koop: Nach allen Verlautbarungen haben wir eine schwere Zeit vor uns. Das Virus freut sich auf Zusammenkünfte aller Art. Darum halte ich es in diesen Wochen nicht für sinnvoll, Gottesdienste – mit wie vielen Menschen auch immer – zu feiern. Diese Feiern stehen auch stets unter dem Vorbehalt, dass eine wirkliche Begegnung der Menschen untereinander nicht möglich ist. Allerdings müssen wir uns auf Dauer einen Umgang mit dem Virus überlegen, wir können ja nicht immer im Lockdown leben. Theoretisch dürften Kirchen laut Verordnung Gottesdienste zu Weihnachten machen, stößt man Menschen durch die Absage nicht vor den Kopf? Ich glaube nicht. Die Menschen sind bereits sehr sensibilisiert für die Situation. Ich mache das mal an dem Beispiel fest, dass viele sogar für den Verwandtenbesuch an Heiligabend bereit sind, in die persönliche Quarantäne oder Isolierung zu gehen. Ich rechne eher mit großem Verständnis der Menschen. Es gilt der Appell, Kontakte zu vermeiden. Dann können wir als Kirche nicht die Möglichkeiten bieten, sich zu treffen. Zudem setzen wir unsere Helfer auch einer Gefahr aus. Viele Kirchen haben abgesagt, einige halten an Präsenzveranstaltungen fest. Die Entscheidung wird vor Ort getroffen. Wäre beim emotionalen Thema Weihnachten nicht ein starker Appell der Landeskirche sinnvoller gewesen? Unsere Verfassung sagt da etwas anderes und drückt auf diese Weise aus, dass Menschen vor Ort, die sich mit ihrer Gemeinde auseinandersetzen und sie gestalten, auch die Verantwortung für das übernehmen, was in der Gemeinde geschieht. Ich finde das sehr gut so und freue mich diesbezüglich sehr über die ausdrückliche Rückenstärkung der Pröpstin und Pröpste und Bischöfinnen und Bischöfe zu solch verantwortlichem Entscheiden in den Gemeinden. Lesen Sie auch: So können Sie noch Gottesdienst feiern Bietet die St. Johanniskirche zu Weihnachten nun etwas anderes an? Welche Botschaft geben Sie den Menschen persönlich mit in diese Zeit? Im Internet – über die jeweiligen Homepages der Kirchengemeinden – werden wir einen gemeinsamen Gottesdienst aus den drei evangelischen Kirchengemeinden anbieten. Jeweils 20 Minuten aus jeder Kirche. Eine schöne gemeinsame Aktion unserer Gemeinden. Wir versuchen, jeden Haushalt, der sich unserer christlichen Kirche zugehörig fühlt, mit einer Weihnachtsbotschaft zu erreichen. Von diesen Menschen haben wir ja die Adressen. Allen anderen, die sich nicht zugehörig fühlen, wünschen wir natürlich auch ein gesegnetes Weihnachtsfest und dass sie die Hoffnung behalten mögen, dass wieder bessere Zeiten kommen, wenn wir zusammenhalten. Haben Sie nun zwangsweise Weihnachten frei? Wie verbringen Sie das Fest? Heiligabend werde ich zeitweise in der Kirche sein und dann im allerengsten Kreis zu Hause. Um 20 Uhr, vorher läuten die Glocken, werde ich vor der Tür „Stille Nacht, Heilige Nacht“ singen. Eine schöne Idee unserer Landesbischöfin. Lesen Sie auch: Festgottesdienste fallen zuhauf aus Wenn viele Menschen mitmachen, dann feiern wir so – zwar anders – aber gemeinsam. Neun Monate Corona-Pandemie haben die Menschen in verschiedenen Bereichen beeinträchtigt und verändert. Was sind aus ihrer Sicht Problemfelder, was sollte weiter gepflegt werden? Ich glaube, ein ganz wichtiges Thema – gerade gesellschaftlich – ist das Thema Solidarität. Wir müssen sozial und ökonomisch besser aufeinander achtgeben. Und ich hoffe sehr, dass die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft gelernt haben, dass das Gesundheitssystem nicht dafür da ist, um Geld zu verdienen, sondern immer weiter ausgebaut werden muss, um den Menschen zu helfen: Bessere Arbeitsbedingungen für das Personal im Gesundheitswesen und eine bessere finanzielle Entlohnung für das, was dort geleistet wird. Was viele Brügger auch interessiert: Wann wird die durch den Brand im Sommer beschädigte Turmspitze wieder in altem Glanz zu sehen sein? Ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr die Arbeiten am Turm beginnen und abschließen können. Lesen Sie auch: 26 Absagen aus den 33 Kirchengemeinden Noch sind nicht alle Arbeiten ausgeschrieben. Ein Problem ist, einen Anbieter für die Einrüstung zu finden. Das Gerüst muss frei stehen.