Profiteure der Corona-Krise: Lieferdienste in Bordesholm melden Zuwächse

„Ich habe deutlich mehr zu tun“, bestätigt auch Volker Schuster, seit 20 Jahren selbstständiger Handelsvertreter für die Firma Eismann im nordwestlichen Bereich von Bordesholm und Nortorf. Während des Lockdowns und in der Zeit danach stieg die Nachfrage nach Lieferungen stark an. Angst vor Ansteckung, Unsicherheit, aber auch Homeoffice waren die Ursachen. Logische Meisterleistung während Lockdowns: Lebensmitteldiscounter und andere Branchen waren auch auf Tour. Frank Dormeier, Chef von Edeka in Bordesholm, sprach von einer „logistischen Meisterleistung“. Im März oder April habe man 30 Lieferungen pro Tag zusammengestellt und ausgefahren. Ein Fahrer sei extra dafür abgestellt gewesen. Nach den Lockerungen sei die Nachfrage aber deutlich zurückgegangen. „Wir bieten den Service weiter an“, so Dormeier. 5 Euro Aufschlag kostet eine Lieferung nach Hause. Bücher per Fahrrad zum Kunden : Auch im Buchhandel florierte der Service, nicht nur bei der Großen im Internet. Christoph Ahlmann-Eltze, Inhaber des Ladens in der Holstenstraße, bestätigte das. „Per Fahrrad haben wir die Bestellungen in der Mittagspause oder nach Ladenschluss zu den Kunden gefahren.“ Das sei abgeebbt, weil die Leser lieber wieder ins Geschäft kamen. Angesichts der steigenden Infektionszahlen bespreche er mit seinem Team momentan, den Service wieder zu forcieren. „Gerade in Gesprächen mit Älteren ist eine große Sorge herauszuhören“, so Ahlmann-Eltze. In Bordesholm war zuletzt die Zahl der Neuinfizierten in die Höhe geschnellt. Doppelt so viele "regelmäßige Besteller": Bei den Lieferdiensten, die ohnehin einen großen Anteil Stammkunden haben, geht es aber weiter bergauf. Laut einer Studie des Instituts für Management- und Wirtschaftsforschung hat sich der Anteil derer, die es nicht nur einmalig ausprobieren, sondern regelmäßig bestellen, verdoppelt. „Diejenigen, die vorher bei Lieferdiensten bestellt haben, stockten auf: 54 Prozent von ihnen haben häufiger als im Vorjahr bestellt“, heißt es. Eis war im Corona-Sommer der Renner: „Der Renner im Corona-Sommer war nicht nur wegen der Temperaturen Eis – das war Nervennahrung“, so Eismann Volker Schuster. Der Direktvertrieb für Tiefkühlkost existiert seit 40 Jahren, der Hauptsitz ist in Mettmann. Mehr als 800 Handelsvertreter sind für die Kunden zuständig. Im ökologischen Gewerbegebiet in Bordesholm ist ein Verteilzentrum. Schuster erhält dort zentral seine Ware, wie die anderen 14 Kollegen, die Bordesholm, Nortorf und Randbereiche Kiels beliefern. 60 Kunden werden pro Tag angefahren: Auf dem Land wurden Lieferdienste immer schon geschätzt, weil die Wege zum Supermarkt oft weit sind und nur mit dem Auto machbar sind. Aber laut Studie sind auch immer mehr Städter auf den Geschmack gekommen. Im September 2019 bestellten 28 Prozent beim Lieferdienst, im August 2020 schon 37 Prozent. Auch in Kleinstädten stieg der Anteil von 17 Prozent auf 26 Prozent. 60 Kunden fährt Volker Schuster pro Tag an. „Alle haben ihren festen Termin.“ Bequemlichkeit ist ein Faktor: So auch Ursula Reimers in Krogaspe. „Das ist bequem, man bekommt es an die Tür. Und man kann sich auf die Zeit verlassen“, erzählt die Kundin, während Schuster das von ihr bestellte TK-Gemüse und Fleisch aus dem Wagen holt. „Klar, ein bisschen Bequemlichkeit ist schon der Grund. Man muss deshalb nicht selber los, aber das bezahlt man ja auch mehr“, führt sie aus. Sie, aber auch Marlene Scodellaro ein paar Häuser weiter, betonen uniso: „Herr Schuster berät gut und die Qualität stimmt.“ Und wenn es mal nicht so gut gewesen sei, dann beschnacke man das. Man spart viel Zeit : „Teurer ist das Ganze natürlich nicht“, so Schuster. Man müsse ja die gesparte Zeit gegenrechnen. Ursula Reimers überreicht er einen neuen Katalog. Ein Drittel der Kunden möchte nach seinen Erfahrungen im Gedruckten stöbern und persönlich bestellen, ein Drittel möchte einen Katalog und bestellt online, das letzte Drittel sei digital. „Für Kunden bin ich auch auch per Chat übers Handy erreichbar“, so Schuster. Zu seinen Kunden zählen nicht nur Menschen jenseits der 60, führte er aus. Viele neue Kunden seien deutlich jünger. Eismänner tragen beim Kunden Maske: Hygiene werde groß geschrieben. Die Fahrzeuge werden ein- bis zweimal die Woche desinfiziert. „Häufiger ist nicht notwendig, weil wir Eismänner einen eigenen Wagen haben, die Fahrer tauschen nicht.“ Wegen der Corona-Pandemie liefert der Eismann-Experte natürlich mit Maske. „Das ist vor allem wichtig, wenn ich Kunden etwas im Haus in die Tiefkühltruhe liefere.“ Das komme öfter vor, insbesondere bei Menschen mit Handicap, für die er eine gesonderte Tour macht. Mit Spannung wird Weihnachten erwartet: Seine Corona-Bilanz: Mehr Kunden, aber die Bestellungen zu den Festen, wie Ostern, waren geringer. „Die Menschen durfte ja nicht so groß feiern.“ Angesichts der steigenden Infektionszahl schaut Schuster deshalb auch gespannt dem Weihnachtsfest entgegen. Weitere Nachrichten aus der Region Rendsburg lesen Sie hier