Saubere Scholle hat ihren Preis

Burkhard von Langendorff hat aufgehört. Seit zehn Jahren setzt er auf den Feldern seines Gutes Hohenhain in Schwedeneck keine Pflanzenschutzmittel und keine künstlichen Düngemittel mehr ein. Der wirtschaftliche Preis dafür ist hoch: Die Erträge des Hofes sind etwa um die Hälfte zurückgegangen. Früher war das anders. Bevor der Bauer komplett auf biologische Landwirtschaft umsattelte, vertraute er auf die Beteuerungen der chemischen Industrie. „Die Pflanzenschutzberater haben uns immer versichert, dass die Inhaltsstoffe der Pestizide im Boden abgebaut werden“, sagt von Langendorff. „Das stand übrigens auch immer auf den Kanistern.“ Bereut hat er die Entscheidung, seinen Hof biologisch zu bewirtschaften, nie. „Ich habe einfach ein besseres Gewissen.“ Und: In der Erntezeit gehe es ihm gesundheitlich besser. Früher hätten die Rückstände der Pestizide Kopfschmerzen und Übelkeit ausgelöst. Weizen und Dinkel für Bäckereien der Region, Hafer für einen großen Musli-Hersteller und Braugerste für Biobier wachsen jetzt auf den Feldern. Zusätzliches Geld erwirtschaftet der Hof durch die Vermietung von Ferienwohnungen, Veranstaltungsräumen und den Verkauf von Kaminholz. Für seine konventionellen Berufskollegen hat von Langendorff Verständnis. Schließlich müssten sie mit ihren Flächen Geld verdienen. Das Gut Hohenhain bleibe aber bio, versichert der Landwirt. Nur auf etwa 4,5 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Schleswig-Holstein wird nach Angaben des Bioland-Verbandes auf Pflanzenschutzmittel verzichtet. Der überwiegende Teil der Landwirte sprüht weiter, die Rückstände der Pestizide landen vielerorts im Grundwasser. Nach Angaben von Wolfgang Wolters vom Dezernat Grundwasser beim Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche Räume prüft seine Behörde an rund 200 Messstellen im Land die Qualität des Trinkwassers. Hinzu kommen Messungen der Gesundheitsämter, Wasserversorger und unabhängiger Labors. An knapp fünf Prozent der Messstellen für oberflächennahes Grundwasser liegen die Nachweise von Pestizidrückständen oberhalb der Grenzwerte der Trinkwasserverordnung. Zwar seien die Konzentrationen der Giftstoffe seit Anfang der 1990er-Jahre aufgrund verbesserter Pestizide zurückgegangen, aber: „Das Grundwasser hat ein langes Gedächtnis“, sagt Wasserexperte Wolters. „Es ist eben eine Frage der Dosis. Auch moderne Pflanzenschutzmittel werden uns natürlich weiterhin beschäftigen.“ Konventionelle Bauern fühlen sich wegen der eingesetzten Pestizide oft an den Pranger gestellt, haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie mit der Pflanzenschutzspritze ausrücken. Klaus Dahmke, Sprecher des Bauernverbandes, weist jedoch darauf hin, dass alle Mittel nur nach strengen Zulassungskriterien eingesetzt werden. „Und dass ein Bauer absichtlich zu viel auf seine Felder sprüht, können Sie vergessen. Die Mittel sind schließlich nicht billig.“ Außerdem würde kein Landwirt absichtlich seinen eigenen Boden verseuchen. „Die Bauern denken in Generationen, und der Boden ist ihr Kapital“, sagt Dahmke. Auch der Bauernverband habe von Klagen einzelner Landwirte gehört, die von ihren Nachbarn zu hören bekommen: „Muss das sein?“ Die Antwort des Bauernverbandes ist eindeutig: ja. „Die Bauern brauchen die Erträge“, sagt Dahmke. Schließlich müssten weltweit immer mehr Menschen ernährt werden. Bis die Rückstände der alten Pestizide aus dem Grundwasser verschwunden sind, bekommen Bewohner in betroffenen Gemeinden regelmäßig Post von ihren Amts- und Gemeindeverwaltungen. In den Schreiben wird auf eine „geringfügige Grenzwertüberschreitung“ im Trinkwasser hingewiesen. Betroffen sind zum Beispiel im Kreis Rendsburg-Eckernförde Dörfer im Bereich Hanerau-Hademarschen, im Amt Eiderkanal, Ascheffel sowie Groß Vollstedt. Dort laufe die Wasserversorgung nach Angaben der Kreisverwaltung teilweise mit Ausnahmegenehmigungen mit einer Laufzeit von drei Jahren. Für die Gesundheit der Menschen bestünde jedoch keine unmittelbare Gefahr, heißt es von offizieller Seite.

Schleswig-Holstein - Saubere Scholle hat ihren Preis