Vor Aldi-Zentrallager in Nortorf: Darum protestierten rund 100 Landwirte

Von 20 Uhr bis um Mitternacht demonstrierten rund 100 Landwirte am Sonntag mit einer Traktor-Kolonne vor dem Aldi-Zentrallager in Notorf. Der Protest, der sich in gleicher Größenordnung auch im ostholsteinischen Geschendorf abgespielt hatte, war eine direkte Reaktion auf Butterpreis-Verhandlungen zwischen dem Aldi-Konzern und Molkereien, sagte Uta Schmidt-Kühl, Vorsitzende des Vereins Land schafft Verbindung Schleswig-Holstein (LSV), auf Nachfrage. Protest gegen Entwicklung des Butterpreises: Die Verhandlungen hätten eine Preissenkung von 40 Prozent zur Folge, ergänzte Schmidt-Kühl. Das habe die Kollegen "erzürnt". "Es geht teilweise um die blanke Existenzangst", sagte die Vorsitzende. Die Empörung war laut Schmidt-Kühl auch deshalb so groß, weil die Landwirte selbst direkt mit Vertretern des Lebensmitteleinzelhandels seit Ende Oktober Gespräche auf verschiedenen Ebenen führen. Mitte Dezember habe es per Videokonferenz ein "Gipfeltreffen" zwischen LSV und Vertretern von Vorstand und Geschäftsführung der Konzerne Aldi, Rewe, Lidl und Edeka gegeben. Die Gespräche sollten im Januar fortgeführt werden. Aldi bezeichnet Angebote der Molkereien als wiederkehrendes Prinzip: Aldi-Unternehmenssprecher Joachim Wehner sagte auf Nachfrage, dass Aldi Nord und Aldi Süd derzeit turnusmäßig in der Ausschreibung für Butter sind. "Die Preise, die wir zahlen, richten sich nach Angebot und Nachfrage auf dem gesamten Markt, beeinflusst von vielen weiteren Faktoren." Es sei völlig normal und wiederhole sich jedes Jahr aufs Neue, dass die Butterpreise aufgrund der hohen Nachfrage zur Weihnachtszeit steigen und danach zu Jahresbeginn wieder zurückgehen. "Dieses Prinzip spiegelt sich grundsätzlich auch in den Angeboten der Molkereien wider, wie sie allen Händlern um diese Jahreszeit unterbreitet werden", so der Sprecher. Zu Details laufender Preisverhandlungen wolle man sich nicht öffentlich äußern. Landwirte wollen Einigung aussetzen und Gespräche weiterführen: Der Bauernbewegung zufolge ist die geplante Preissenkung allerdings deutlich drastischer als sonst üblich. "Ziel des Protests ist, dass die Einigung mit den Molkereien ausgesetzt wird, und die weiteren Gespräche abgewartet werden", sagte Schmidt-Kühl. Auch wenn es am Tag nach den Weihnachtsfeiertagen keinen Spaß mache, bei "Wind und Wetter" eine solche Aktion zu starten, sei sie trotzdem notwendig. Einige Kollegen seien "verzweifelt", ergänzte die Vereinsvorsitzende. "Es ist ganz eindeutig, dass wir nur durch die Proteste der letzten Wochen Druck aufbauen konnten und die angesprochenen Gesprächsrunden zustande gekommen sind. Nun muss man gucken, dass man sich an das gesprochene Wort hält", sagte Schmidt-Kühl. Lesen Sie auch: Landwirte blockieren Edeka Nord Mit den direkten Verhandlungen hätten die Landwirte erstmalig die verarbeitende Ebene, zu der die Molkereien gehören, übersprungen und sich direkt mit dem Lebensmitteleinzelhandel an einen Tisch gesetzt. In den bisherigen Gesprächen war laut Schmidt-Kühl unter anderem die Einrichtung von Arbeitsgruppen für Schwerpunktthemen debattiert worden. Aber auch finanzielle Soforthilfen in Form eines Fonds. Besonders die Schweine- und Milchbauern könnten jede Unterstützung gebrauchen. Schlachthofschließungen in Corona-Zeiten und die Afrikanische Schweinepest haben die Preise ins Bodenlose fallen lassen, sagte die Vereinsvorsitzende. Und die Milchkrise dauere schon seit Jahren an. "Sie ist als Branche am stärksten betroffen", sagte Schmidt-Kühl. Lesen Sie auch: Bauern fordern mehr Geld für ihre Milch Dieser war laut Polizei wegen des geringen Verkehrsaufkommens nahezu ohne Beeinträchtigung auf den Straßen abgelaufen. Nur zwischen Anwohnern und den Landwirten, die ihre Traktor-Hupen wiederholt erklingen ließen, mussten die Beamten vermitteln.