Werner Mevs aus Ellerdorf: Nach ihm wurde eine Muschel benannt

Werden neue Tier-und Pflanzenarten oder Landschaftsformationen entdeckt, stehen bei der Namensgebung oft bekannte Wissenschaftler oder Forscher Pate. Werner Mevs (59) aus Ellerdorf zeigt: Es geht auch anders. Eine 25 Millionen Jahre alte Muschel trägt seinen Namen. 1999 holte Werner Mevs die heute unter dem Namen Tectonatica mevsi bekannte Muschel in einer Bodenprobe ans Licht. Der Bohrmeister beim Geologischen Landesamt (GLA), das heute zum Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) gehört, hatte bei Siebenbäumen nahe Schwarzenbek nach Trinkwasser gesucht. Sieben wie ein Goldwäscher: Bis in 157 Meter Tiefe gingen die Probebohrungen. „Anhand der vorhandenen Arten im Boden lässt sich das Alter des Wassers in der jeweiligen Schicht bestimmen,“ erklärt Werner Mevs. 70 bis 110 unterschiedliche Arten werden pro Schicht für die Altersbestimmung gebraucht. Die Aufgabe des Bohrmeisters nach dem Sammeln der Proben: Mit Sieben per Hand, wie ein Goldwäscher, aus dem Material Versteinerungen, Kies und eben auch Muscheln herauswaschen und zur Bestimmung weitergeben. Eine Fleißaufgabe: Jeweils fünf bis zehn Kilogramm Material aus einer Schicht werden in Siebschalen mit fünf und zwei Millimeter sowie 200 Mikrometer feinen Durchlässen gewaschen. Experte untersucht Muschel: „Wenn man jeden Tag damit zu tun hat, sieht man, was das Einzigartige ist,“ sagt Werner Mevs. „Die Farbe des Bodenmaterials zeigt an, aus welcher Eiszeit das Material stammt: Im Quartär sind die Kiesel bunt, im Tertiär ist alles einfarbig grau und dunkel.“ Die Muschel mit der gelblichen Tönung und der vergleichsweise glatten Oberfläche unterschied sich in Färbung und Struktur deutlich von den anderen im Sieb. „Andere Muschelarten aus dem Zeitalter Tertiär sind dunkler und eher geriffelt.“ Er zeigte dem Geopaläontologen Karl Gürs seine Entdeckung. Gürs, von seinen Kollegen liebevoll „Muschel-Kalle“ genannt, untersuchte Mevs Fund unterm Mikroskop. Sie glich keiner anderen Art. Weltreise für die Muschel: Gürs setzte für die Muschel eine Weltreise in Gang. Zuerst ging es für das gerade drei Millimeter große Stück zur genauen Bestimmung in die Paläontologie des Senckenberg-Museums in Frankfurt, dann zu Wissenschaftlern in die USA. Ergebnis nach einem Jahr: Mevs hatte ein bislang unbekanntes prähistorisches Wasserlebewesen aus dem Miozän entdeckt. Lesen Sie auch: Landesarchäologie: Fundament von Sachsenhaus entdeckt Karl Gürs bestimmte: „Du hast sie zuerst gesehen. Nach dir soll sie heißen.“ Mit Günter Wienrich beschrieb Gürs die gedeckelte Nabelschnecke, die zu den Muscheln zählt, im Fachartikel „Tectonatica mevsi, A new miocene naticid gastropod from northwest Germany“. Karl Gürs übergab das Exemplar im Jahr 2000 dem Naturkundemuseum in Kopenhagen. Nur eine riesige Makroaufnahme ist in seinem Besitz: Ein würdiger Platz. Das Stück ist einmalig. Weitere gut erhaltene Exemplare gibt es nicht. „Wir arbeiten länderübergreifend, tauschen uns aus. Wasser macht nicht an der Grenze halt“, erklärt Mevs. Besucht hat er seine Entdeckung bislang nicht. Ihm reicht eine riesige Makroaufnahme als Erinnerung. Fühlt er sich als Berühmtheit? Die Paläontologen haben ihm und seiner Erfahrung immerhin ein Forschungsobjekt zu verdanken. Werner Mevs lacht herzlich. In größerem Zusammenhang betrachtet, hat er nur ein winziges Puzzleteil zur Beschreibung der Erdgeschichte beigesteuert. Allein von den Bolboformi, zu denen die Tectonatica mevsi zählt, gibt es hundert Arten.