Winterrevier in Langwedel: Wird Silberreiher Neubürger?

Silberreiher könnten ein Wappenvogel der Naturschutzbewegung in Deutschland sein. Seine lange Zierfeder am Kopf war im 19. Jahrhundert begehrter Schmuck für Damenhüte und eine lukrative Einnahmequelle. Ihr verdankt der Silberreiher wohl das Attribut „Silber“ in seinem Namen, erzählt Diplom-Biologin und Ornithologin Natascha Gaedecke vom Naturschutzbund (Nabu). Wegen der Kopffeder wurde der Silberreiher beinah ausgerottet. Artenschutz gab es im 19. Jahrhundert nicht: „Artenschutz gab es damals nicht“, berichtet Natascha Gaedeke. Mit offensiver Öffentlichkeitsarbeit, die es in dieser Vehemenz davor für Naturschutz nicht gegeben hatte, gelang der Vogelschützerin Lisa Hähnle, das Interesse für den Vogel zu wecken. Sie wehrte sich gegen eine Hutmode, für die Tiere sterben mussten, warb für Verständnis und Akzeptanz und erreichte damit den Erhalt der Art. Art, die sich in Europa behauptet: „Häufig berichtet der Naturschutz über aussterbende Arten. Silberreiher dagegen sind entgegen der sonstigen Trends eine der wenigen Arten, die sich in Europa behauptet. Sie zeigen, dass durch Schutzmaßnahmen eine Art die Chance hat, sich wieder auszubreiten.“ Der Zugvogel brütet in Ungarn, Rumänien und am Schwarzen Meer. Im September macht er sich in Richtung Nordwesten auf, um in Norddeutschland, Südschweden und den Niederlanden zu überwintern. „Er zählt zu den wenigen Arten, die von Osten nach Westen ziehen.“ Lesen Sie auch: Silberreiher entdecken den Norden Anfangs sind die Wintergäste sehr scheu. „In den Brutgebieten in Südosteuropa werden sie geschossen, dass der Mensch Lebensgefahr bedeutet, merken sich die Tiere.“ Nach einigen Monaten tolerieren die Silberreiher Passanten und Radfahrer in ihrer Nähe. Auf den Renaturierungsflächen in Westensee suchen oft Schwärme von 50 bis 60 Exemplaren Futter. Einzelgänger wie in Langwedel sind selten. Natascha Gaedecke vermutet, dass es sich um einen bislang ledigen Jungvogel handelt. Silberreiher fressen auf den Feldern Mäuse. „Das macht sie als Schädlingsbekämpfer zu Freunden der Landwirte.“ Auch kleine Fische stehen auf der Speisekarte. Eine Futterkonkurrenz zum Weißstorch-Paar, der ebenfalls sein Revier an der Olendieksau hat, bestehe nicht. Vom Wintergast zum Neubürger: Die milden Winter haben beim Silberreiher neue Brutgewohnheiten ausgelöst: Der Wintergast wurde zum norddeutschen Neubürger. 2012 wurde erstmals in Mecklenburg ein Silberreiher-Paar beim Brüten beobachtet. „Auch, wenn sie ihrem Brutplatz treu sind, lernen sie schnell, wo sie nicht bejagt werden.“ Silberreiher werden 80 Zentimeter bis einen Meter groß, wiegen zwischen einem und 1,5 Kilogramm. Sie leben in Freiheit zehn bis 15 Jahre, in Gefangenschaft bis zu 22 Jahre. Natürliche Feinde sind Uhu und Waschbär, die die mit drei bis fünf Eiern bestückten Nester ausräubern. Stromleitungen und Gifte in der Landwirtschaft sind für den Vogel gefährlich. Silberreiherküken schlüpfen nach 25 bis 26 Tagen, nach 40 bis 50 Tagen sind sie flügge. Männchen und Weibchen sind in der Brutzeit nicht zu unterscheiden. Beide tragen weiße Federn, die Küken weißen Flaum.