Aktivisten fordern: Bad Segeberg soll sich zum "sicheren Hafen" erklären

Am Sonntag blieben die Mitglieder, von denen einige auch aus dem Bad Segeberger Umland kommen, zumindest unbehelligt – allerdings auch weitgehend unter sich. Ging es ihnen in der jüngeren Vergangenheit meist um den Kampf gegen das Wiedererstarken der hiesigen Neonazi-Szene, rückten die Aktivisten dieses Mal die aus ihrer Sicht unwürdige europäische Flüchtlingspolitik in den Mittelpunkt. Laut UN-Flüchtlingskommissariat sind weltweit fast 80 Millionen Menschen auf der Flucht – so viele wie noch nie. Die Corona-Pandemie verschärfe die Situation noch, die globale Wirtschaftskrise werde Vertriebene besonders hart treffen. 40.000 Menschen in Lagern: Allein an den Außengrenzen der Europäischen Union (EU) befänden sich derzeit rund 40.000 Menschen in Lagern und lebten dort unter katastrophalen Zuständen, heißt es in einem Aufruf. "In Zeiten, in denen die Corona-Pandemie uns alle bedroht, müssen auf der griechischen Insel Lesbos 20.000 Menschen mit zu wenig Wasser und Essen in einem Lager leben, das für 3.000 Menschen ausgelegt ist. Das ist eine unzumutbare Belastung für die geflüchteten Menschen und die anderen Bewohner der Insel." Hamburg, Kiel und Lübeck dabei: "Segeberg bleibt bunt" fordere daher die Evakuierung der Lager, die Schaffung sicherer Fluchtrouten und vor allem auch die "Entkriminalisierung der Seenotrettung". Darüber hinaus solle die Stadt Bad Segeberg sich offiziell zu einem "sicheren Hafen" erklären. "Bereits 158 Städte und Gemeinden in Deutschland haben diesen Schritt vollzogen und unterstützen damit die Aktion des Vereins Seebrücke." Im Norden zählen dazu unter anderem bereits Hamburg, Kiel und Lübeck. Die zunächst einmal nur symbolische Aktion bedeutet die erklärte Bereitschaft, bei Bedarf auch Flüchtlinge und Asylsuchende über die offizielle Zuweisung hinaus aufzunehmen. Luftballons als "Rettungspunkte": Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, hatte die Initiative ihre Mitglieder und Unterstützer am Sonntag auf die Promenade am Großen Segeberger See gerufen. Symbolisch wurden dort Luftballons als "Rettungspunkte" im Wasser verankert – unter besonderer Beachtung der nach wie vor auch für Versammlungen geltenden Corona-Verhaltensregeln. "Lasst uns zeigen, dass sich die Menschen in Bad Segeberg für eine bunte, menschliche Gesellschaft engagieren! Machen wir deutlich, dass Menschenrechte für alle gelten, unabhängig davon, was der Pass über ihre Herkunft erzählt!", heißt es in dem Aufruf. Flashmob auf dem Marktplatz: Zuletzt hatte "Segeberg bleibt bunt" Mitte Juni mit einem Flashmob auf dem Bad Segeberger Marktplatz für Öffentlichkeit gesorgt. Thema der Aktion, an der sich nach Angaben von Beobachtern zwei bis drei Dutzende Menschen beteiligten, war der Kampf gegen Rassismus. Die Teilnehmer knieten mit ausgestrecktem Arm und geballter Faust genau acht Minuten und 46 Sekunden. So lange hatte der Todeskampf des Schwarzen George Floyd gedauert, der in den USA von einem Polizisten getötet worden war. Das dazugehörige Video ging um die Welt und sorgt seither an vielen Orten für Protestaktionen. Mundschutz für Indianerkopf: Bereits im April hatten Segeberger Aktivisten als Demonstration gegen die Flüchtlingspolitik den Indianerkopf auf der Backofenwiese mit einem Mundschutz versehen. Der verschwand ebenso wie ein später aufgestellter Gedenkbogen auf dem Rasen vor der Marienkirche. "Segeberg bleibt bunt" macht für beides die rechte Szene in der Stadt verantwortlich. Konkrete Beweise dafür gibt es allerdings nicht. Ihre große Stunde hatte die Initiative im vorigen Jahr, als eine maßgeblich von ihr organisierte Demonstration gegen Rechts gut 1.500 Menschen in die Kreisstadt geholt hatte. Seither ist es in der Öffentlichkeit zwar deutlich ruhiger um die Angehörigen der Gruppe "Aryan Circle" geworden. Doch laut Aussage von "Segeberg bleibt bunt" hinterlassen sie nach wie vor ihre Spuren in der Kalkbergstadt. So würden nach wie vor Flüchtlinge und Aktivisten – auch von "Fridays for Future" – eingeschüchtert. Manche Klimaaktivisten sind zugleich in der Anti-Rechts-Bewegung aktiv. Lesen Sie auch: Lichterfest gegen Rechts im Südstadtpark Weitere Nachrichten aus dem Kreis Segeberg lesen Sie hier.