Ferhad Bas trinkt keinen Alkohol. Im Rahmen des Projekts setzt der 19-Jährige aus Wahlstedt dennoch eine der beiden Brillen auf, die durch Sehverzerrung simulieren sollen, betrunken zu sein. „Betrunken Autofahren? Viel zu gefährlich, ich wollte das nur mal austesten.“ Bas torkelt auf dem Seil, dass die Organisatoren auf den Fußweg an der Kreissporthalle gelegt hatten. Das Gleichgewicht fällt dem 19-Jährigen bereits bei der 0,8-Promille-Brille sichtbar schwer.
Weder sich noch andere gefähren
An einigen Stationen probieren die Schüler des Berufsbildungszentrums (BBZ) ihrer Reaktion, mit und ohne simuliertem Alkoholeinfluss. Marie Kardof (16) steht gegenüber von Raika Stüven und lenkt die 18-Jährige mit ein bisschen Smalltalk ab. Plötzlich lässt Marie einen Stock fallen, den Raika auffangen muss – damit könne die Reaktionsgeschwindigkeit gemessen werden, erklärt Elftklässlerin Marie. Nüchtern ist die Reaktion von Raika noch voll im grünen Bereich. „Aber ich würde nie, nie, nie etwas trinken und dann fahren. Damit gefährde ich mich und andere.“
Realistische Darstellung von Fahren unter Alkoholeinfluss
Wie das so ist, betrunken zu fahren, können die Schüler an einem computergesteuerten „Promille-Fahrsimulator“ testen. Nacheinander setzen sich die BBZ-ler ans Steuer des Kleinwagens. Vor ihnen zeigt eine Leinwand den zuschauenden Mitschülern, was der Fahrer durch eine Virtual-Reality-Brille sieht, wo und wie er langfährt. „Das Lenkrad wackelt absichtlich, die Bremsen reagieren verzögert“, erklärt Laura Vassilaki. Damit solle die langsame Reaktionszeit unter Alkoholeinfluss dargestellt werden, erklärt die 22-Jährige vom Orga-Team.
Kaffee und fettes Essen bauen keinen Alkohol ab
Auf Augenhöhe mit den Jugendlichen reden, sie anhand von eigenen (aber simulierten) Erfahrungen sensibilisieren, sie über falsche Geschichten über Kaffee, Aspirin und fettiges Essen aufklären, ist Aufgabe des „Don’t drink and drive“-Teams (DDAD). Alkohol werde über die Leber verstoffwechselt, Kaffe und Essen aber lande im Magen: Die Mär vom Wundermittel verpufft. „Der Kopf dreht sich, man kann nicht mehr gerade stehen, Entfernungen nicht mehr einschätzen“, erklärt Adrian Ochab an einer weiteren Station, wo die Jugendlichen mit Promille-Brillen einen Pylonen-Parcours absolvieren sollen. „Da würde ich nie Autofahren oder auch nur bei jemandem einsteigen, der betrunken ist.“
Gelungene Premiere
Christa Schröder vom Präventionsteam der BBZ zeigt sich zufrieden über die Premiere der DDAD-Academy am BBZ. 180 Schüler konnten sich austesten: „Natürlich war der Fahrsimulator am spannendsten und es ist auch nicht eins zu eins auf die Realität übertragbar.“ Dennoch, so Schröder, nähmen Schüler viele wichtige Eindrücke mit. Einen weiteren Durchlauf im Herbst könne sie sich gut vorstellen.
Die Kooperationspartner der DDAD – unter der Schirmherrschaft von Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Dr. Bernd Buchholz – haben zumindest ein Geschmäckle: Der Bundesverband der Deutschen Spirituosenindustrie, die Deutsche Weinakademie, der Deutsche Brauer-Bund, der Verband Deutscher Sektkellereien und der Verein Private Brauereien. „Es ist wichtig, dass auch die Hersteller Veantwortung für die Sicherheit junger Autofahrer übernehmen,“ schreibt Bernd Buchholz in einem Grußwort zur Veranstaltung. Noch vor Kurzem erst forderte der Minister höhere Strafen bei Alkoholfahrten.