Bad Bramstedt: Die Krähenhochburg in Schleswig-Holstein

Die CDU-Fraktion hatte im Herbst letzten Jahres beantragt, sich in 2021 ernsthaft der Vergrämung zu widmen. Die Beschwerden der Anwohner hätten deutlich zugenommen, hatte CDU-Fraktionschef Volker Wrage den Antrag begründet. Nun hatte der Umweltausschuss als Experten Rüdiger Albrecht zu Gast. Er ist im Landesamt für Landwirtschaft und Umwelt und ländliche Räume (LLUR) für die unter Naturschutz stehenden Vögel zuständig, „seit 34 Jahren“, wie er erklärte. Das LLUR zählt alle drei Jahre den Krähenbestand in Schleswig-Holstein. Die Störniederung, zu der auch die Nebenflüsse wie die Bramau gehören, sei besonders dicht bevölkert, sagte der Experte. 2018 sei zuletzt gezählt worden. Ergebnis: 1506 Brutpaare, Rekord in Schleswig-Holstein. Zum Vergleich: In Bad Segeberg wurden gut 800 Paare gezählt. Die nächste Erhebung ist fürs kommende Frühjahr geplant. Weniger Brutpaare als 2016: Dass die Belästigungen in den letzten Jahren zugenommen haben, konnte Albrecht nicht bestätigen. 2015 wurden 2088 Brutpaare gezählt. Im Kurgebiet habe die Population deutlich abgenommen. Dennoch verschloss sich der Vogelexperte nicht weitergehenden Vergrämungsmaßnahmen, wie sie beispielsweise die Stadt Elmshorn praktiziert hat. Das Bundesnaturschutzgesetz erlaubt nämlich Ausnahmen vom Krähenschutz, wenn die Gesundheit des Menschen gefährdet ist. Die meisten Bad Bramstedter Kommunalpolitiker sind der Meinung, dass das der Fall sei. Das laute Gekrächze schon in den frühen Morgenstunden raube den Anwohnern den Schlaf. „Ich wohne am Herrenholz, deshalb kenne ich den Lärm“, sagte Arnold Helmcke (SPD). Er macht die Tiere auch für „Vandalismusschäden“ verantwortlich, weil sie Papierkörbe plünderten und den Müll verteilen. Das Abschießen der Tiere ist streng verboten. Aber seit den 90er Jahren schon werden mit Genehmigung der Landesbehörde in Bad Bramstedt ab Februar bis zum 15. März Böllerschüsse abgegeben, um die Krähen am Brüten zu hindern. Die Folge ist, dass einige Krähen neue Kleinkolonien bildeten, beispielsweise auf dem Bleeck oder am Liethberg bei der Shell-Tankstelle. Durchschlagenden Erfolg hatte diese Vergrämungsmaßnahme nicht. Alle zwei Tage Nester entfernen: Der Stadt Elmshorn hatte das LLUR genehmigt, Nester aus den Bäumen zu nehmen, auch noch nach dem 15. März. „Das muss alle zwei Tage geschehen, damit die Vögel gar nicht erst Eier legen“, erklärte Albrecht. Da sie irgendwann in Zeitnot gerieten, noch rechtzeitig im Frühjahr Eier zu legen, suchten sie sich andere Brutplätze. Elmshorn konnte dadurch einen Parkplatz krähenfrei bekommen. Die Tiere ließen sich aber trotzdem in der Stadt nieder. „Es gab Beschwerden aus anderen Straßen“, so Albrecht. Außerdem ist das Herausnehmen der Nester kostspielig, weil ein Unternehmen mit einem Hubsteiger beauftragt wurde. 60 000 Euro hat die Stadt Elmshorn dafür im Haushalt eingeplant. Um solche Vergrämungen noch in diesem Jahr zu ermöglichen, soll die Stadtverwaltung nun bis zur nächsten Sitzung des Umweltausschusses Mitte Februar ein Konzept erstellen, wo diese Maßnahmen angewendet werden sollen. Dann drängt allerdings die Zeit. Im Februar bauen die Saatkrähen bereits ihre Nester. Jan-Uwe Schadendorf (SPD) schlug vor, auch ohne Konzept mit der Herausnahme der Nester aus den Bäumen am Roland auf dem Bleeck zu beginnen, bekam dafür aber nicht die Unterstützung des Ausschusses. Bürgermeisterin Verena Jeske sagte: „Wir müssen überlegen, wo wir die Krähen vertreiben, um hinterher nicht Beschwerden aus anderen Stadtbereichen zu bekommen.“ Keine Entlastung im Dahlkamp: Für die Anwohner des Dahlkamps am Herrenholz wird es wohl keine Besserung geben. 2018 wurden dort 809 Nester gezählt, mehr als die Hälfte der Bad Bramstedter Krähen leben dort. Allein schon wegen dieser großen Zahl wäre die Herausnahme der Nester alle zwei Tage kaum möglich. Auf dem nunmehr von Krähen befreiten Elmshorner Parkplatz hatten gerade einmal 100 Paare ihre Nester.