Bad Bramstedt: Interview zur Schuldenlage und zum Jugendcafé

KN-online: Frau Jeske, die Stadt wird zum Ende des Jahres 22,3 Millionen Euro Schulden haben, fast sieben Millionen mehr als vor Jahresfrist. Und im kommenden Jahr wird der Schuldenberg auf über 30 Millionen Euro wachsen. Ist nicht angesichts solcher Zahlen nicht Sparen das Gebot der Stunde? Jeske: Wir reden hier ja in erster Linie über Schulden, die durch die Verbesserung der Infrastruktur unserer Stadt entstehen. Wir haben in einem Jahr zehn Bebauungspläne auf dem Weg gebracht, in den letzten 20 Jahren jeweils einen. Wir kaufen Flächen ein, um Gewerbe anzusiedeln. Das bringt Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze und zahlt sich später durch höhere Steuereinnahmen aus. Wir modernisieren die Schulen, schaffen Ganztagsplätze, eine weitere Kita kommt hinzu und wir haben ein Medizinisches Versorgungszentrum gegründet. Auch das alles gehört zu einer modernen Infrastruktur. Aber wann soll sich das alles denn einmal rechnen? Jeske: Ich habe auch der Politik gesagt, dass Geduld gefragt ist. Wir hatten einen riesigen Investitionsstau, der nun abgebaut wird. Es ist wie bei einem Unternehmen, das in Schwierigkeiten steckt. Entweder Sie wickeln es ab oder Sie nehmen noch einmal richtig Geld in die Hand, um es zukunftsfähig zu machen. Aber das ist nichts, was man von heute auf morgen schafft. Die CDU kritisiert die Ausweitung des Stellenplans. Die von ihrem Vorgänger abgeschaffte Stelle des büroleitenden Beamten soll wieder eingerichtet werden, womit Sie quasi einen hauptamtlichen Stellvertreter bekämen. Die CDU will das verhindern, um das Haushaltsdefizit von 1,9 Millionen Euro zu senken. Warum beharren Sie auf dieser Stelle? Jeske: Wenn Sie die älteren Kollegen im Rathaus fragen, dann werden die meisten Ihnen sagen, dass es früher mit dem büroleitenden Beamten besser lief. Er ist eine Schnittstelle zwischen Bürgermeister, Verwaltung und Politik, der vor allem koordinierende Aufgaben hat. Ich selber gerate an die Grenzen meiner Belastbarkeit. Gleichzeitig haben wir aber einen riesigen Stau an Aufgaben in der Verwaltung, der abgearbeitet werden muss. Denken Sie nur an die Digitalisierung der Verwaltung. Im vergangenen Jahr wurde kaum ein Thema so heftig diskutiert, wie der Bau eines Jugendcafés am Jugendzentrum. 800.000 Euro für 70 Quadratmeter Nutzfläche – Frau Daue, haben Sie Verständnis dafür, dass nicht alle Stadtverordneten da mitgehen wollen? Daue: Natürlich habe ich dafür Verständnis. Aber die Stadt muss ja nicht wirklich 800.000 Euro bezahlen. Frau Jeske hat Fördermittel von 300.000 Euro eingeworben. Die bei der Stadt verbleibenden 500.000 Euro werden nicht komplett ins Café fließen, sondern im Altbestand werden ja auch diverse Umbauten erforderlich, alleine schon um die Brandschutzauflagen zu erfüllen. Ist es denn überhaupt sinnvoll, in einen alten Blumenladen, der das Juz ja mal war, so viel Geld zu investieren? Daue: Für mich auf jeden Fall. Wir haben für die vorhandenen Räumlichkeiten ein gutes Konzept aufgebaut. Jeske: Das Jugendzentrum ist genau richtig in der Stadt. Jugend gehört ins Zentrum und nicht an den Stadtrand gedrängt. Daue: Was fehlt, ist ein Treffpunkt für Jugendliche ab 15 Jahre, wo sie unter sich sind. Jeder, der Kinder hat, oder großgezogen hat, weiß, dass ab diesem Alter die Eltern mehr und mehr in den Hintergrund treten, der ungestörte Austausch unter Gleichaltrigen für die Entwicklung immer wichtiger wird. Das ist ja auch der Grund, weshalb das Jugendcafé in der Umfrage des Jugendbeirates ganz oben auf der Wunschliste stand. Einen solchen Raum können wir zurzeit im Jugendzentrum nicht bieten. Sie haben ja selbst vorgeschlagen, einen Laden oder ähnliches anzumieten. Das ist doch keine schlechte Idee. Daue: Ich bin ja sehr spontan mit meinen Ideen und mich hat es einfach geärgert, dass der Haushalt abgelehnt wurde, aber keiner Vorschläge hatte, wie wir zu dem Jugendcafé kommen sollen, das ja alle Parteien befürwortet haben. Es gibt aber gar keine geeigneten Läden in der Stadt. Und Sie müssen ja auch bedenken, dass die pädagogische Betreuung in irgendwie gewährleistet werden muss. Es darf also auch nicht zu weit weg sein. Im Landweg stehen vier Geschäfte leer. Jeske: So einfach ist das nicht. Sobald die Stadt eine öffentliche Einrichtung schafft, gelten die scharfen Brandschutzbestimmungen. Wir müssten die Gebäude komplett umbauen und dass, obwohl sie nur gemietet sind. Damit haben wir doch schon einschlägige Erfahrungen sammeln dürfen, als wir nach einer neuen Bleibe für die Tafel gesucht haben. Cafés und Restaurants sind seit November durch den Lockdown geschlossen. Man kann sich leicht vorstellen, dass die Wirte über ein Jugendcafé nicht begeistert sind. Daue: Das ist doch eine ganz andere Kundschaft. Unsere Jugendlichen können bei Tackmann oder Burger King ja nie länger sitzen, als ein Kaffee oder ein Burger dauert. Mehr können sie sich gar nicht leisten. Bei uns bleiben sie so lange, wie sie wollen. Wir bieten alles zum Selbstkostenpreis an. Nicht das Café steht im Vordergrund, sondern der Treffpunkt für Jugendliche. Jeske: Es soll aber auch den Erwachsenen möglich sein, mal im Café vorbeizuschauen. Wir erhoffen uns ja gerade, dass es zu Kontakten zwischen den Generationen kommt. Deshalb ist es so wichtig, dass das Jugendcafé im Zentrum an der Schlosswiese gebaut wird. Wir wollen damit die Innenstadt beleben. Aber natürlich ist es nicht als Konkurrenz zur Gastronomie gedacht. Im Gegenteil: Bei größeren Veranstaltungen könnten örtliche Wirte mithilfe des Jugendcafés die Bewirtung übernehmen. In einigen Jahren wird das Feuerwehrhaus leer stehen. Wäre dort nicht Platz für Jugendzentrum und Jugendcafé? Daue: Das ist ein Feuerwehrhaus und für unsere Zwecke so ganz sicher nicht nutzbar. Auch dort müsste also für viel Geld umgebaut werden. Jeske: Für das Feuerwehrhaus gibt es schon viele Ideen: die Bücherei, Proberaum für Chöre, das DRK. Wir könnten das Grundstück auch verkaufen, um den Haushalt zu sanieren und dort Wohnbebauung ermöglichen. Aber wir reden hier über einen Zeitraum von vielleicht vier Jahren. Wenn man 15 ist, ist das eine Ewigkeit. Den Jugendlichen von heute können wir damit nicht helfen. Haben Sie schon überlegt, ein weiteres Architektenbüro zurate zu ziehen? Vielleicht hat das eine günstigere Lösung. Jeske: Ich hatte das Architektenbüro Schnack und Ellerbrock beauftragt, weil es sich gut in Bad Bramstedt auskennt und es schnell einen Vorschlag liefern konnte, den ich dann der Kommunalpolitik präsentiert habe. Architekten arbeiten nicht umsonst, und ein weiteres Büro würde uns wieder viel Geld kosten. Ich wage mal zu behaupten, dass es keine günstigere Lösung gibt. Die Lage dort ist wegen des denkmalgeschützten Schlosses sehr schwierig. Ein Neubau scheidet aus, weil damit viel größere Abstände zum Schloss eingehalten werden müssten und wir woanders kein Grundstück haben. Der Bau des Cafés selbst wird im Übrigen auch nur die Hälfte der 800.000 Euro in Anspruch nehmen. Die andere fließt in die Sanierung des Altbaus, in die Instandsetzung der Kanalisation, in die Baustelleneinrichtung. Und um die kommen wir ohnehin nicht herum. Das sollte die Politik auch bedenken. Sie haben schon 300.000 Euro an Zuschüssen und Spenden eingeworben, Frau Jeske. Sehen Sie Chancen, noch mehr Unterstützung zu finden? Das würde wahrscheinlich manchem Stadtverordneten die Entscheidung erleichtern. Jeske: Das wäre vielleicht möglich, aber kontraproduktiv. Bei den Förderzusagen ist auch immer ein gewisser Eigenanteil der Stadt erforderlich. Sinkt dieser, sinken automatisch auch die Zuschüsse. Die 500.000 Euro werden wir also selbst aufbringen müssen.