Bewegte Geschichte des Marktplatzes in Bad Segeberg

Eigentlich, sagen die beiden, hätten sie ihre Aufarbeitung in Bild und Wort im Rathaus ausstellen wollen. "Dort hätte es nur kaum jemand gesehen, weil es wenig Publikumsverkehr wegen der Corona-Beschränkungen gibt", argumentiert Baurycza. Also machten es der 69-Jährige und sein Mitstreiter so wie zuletzt in der Hamburger Straße: "Wir bringen die Ausstellung zu den Menschen", sagt Winkler. Drittes Reich ist ein Schwerpunkt: Rund um den Brunnen haben die beiden Hobbyhistoriker an den Laternenmasten zehn wetterfeste Schautafeln aufgehängt. "Die Hälfte der Plakate setzt sich mit der Zeit des Dritten Reichs auseinander, die anderen fünf zeigen den Marktplatz in der Zeit vor dem Nazi-Regime beziehungsweise danach", erläutert Winkler. Unterstützt wird die imposante Open-Air-Ausstellung von nahezu allen Geschäftsleuten am Markt, die in ihren Schaufenstern ergänzend weitere Plakate mit alten Fotografien und erläuternden Texten der Heimatforscher aufgehängt haben. Die Arbeit von Baurycza und Winkler ist sehenswert, der Informationsgehalt hoch. Wer seine Mittagspause am Brunnen verbringt, erfährt quasi nebenbei, dass sich der ursprüngliche Marktplatz einst vorm Rathaus befand. "Erst als das Lehrerseminar, die heutige Dahlmannschule, 1839/40 gebaut wurde, rückte der damalige Seminarplatz in den Mittelpunkt des Stadtlebens", berichtet Baurycza. Dass der Marktplatz von 1933 bis 1945 in Adolf-Hitler-Platz umbenannt worden war, können Schüler, Wochenmarkt-Einkäufer oder Feriengäste quasi im Vorbeigehen sehen. Eine Schautafel widmet sich der Nackten – eine Skulptur, die einst vor der Dahlmannschule stand, im Dritten Reich allerdings eingeschmolzen wurde. Viele Bilder wurden noch nie gezeigt: Auch der Bücherverbrennung durch die Hitler-Jugend 1933 widmen sich die Geschichts-Fans – ein Kapitel der Segeberger Vergangenheit, die beiden besonders wichtig ist. "Über die Bücherverbrennung wird immer wieder viel gesprochen. Was dies genau in einer Stadt wie unserer bedeutete, wollten wir herausarbeiten und anhand von Bildern zeigen", argumentiert Baurycza. Einige der ausgestellten Fotografien sind noch nie in der Öffentlichkeit gezeigt worden. "Wir haben zusätzlich eine Broschüre zu den Bücherverbrennungen erstellt, die gegen eine Schutzgebühr von drei Euro in den Buchhandlungen und im Museum erworben werden kann", sagt der 69-Jährige. Für beide ist der Marktplatz ein ganz besonderer Ort – nicht nur, weil es einer der wenigen Plätze in der Stadt ist, die sich optisch im Laufe der Jahrzehnte kaum verändert haben. "Hier haben so viele schlimme, aber auch sehr schöne Dinge wie Jahrmärkte oder Vogelschießen stattgefunden", zählt Winkler auf. Geht es nach dem 65-Jährigen und seinem Kollegen, dann sollte der Platz viel intensiver als kultureller Mittelpunkt genutzt werden. Beide wünschen sich einen Pavillon, an dem es Informationen für Gäste und Einheimische gibt. Neue Projekte bereits in Planung: Für das kommende Jahr planen Winkler und Baurycza bereits neue Projekte und wollen sich historisch der Kurhausstraße und der Kirchstraße widmen. Zunächst soll aber die Ausstellung am Marktplatz über den Marktplatz vier bis sechs Wochen rund um die Uhr und kostenlos zu sehen sein. Dass die aus Plastik bestehenden Schautafeln Opfer von Vandalismus werden könnten, glauben die beiden nicht. "Wir glauben an das Gute in den Menschen." Dass dies auf manchen nur begrenzt zutrifft, dokumentieren allerdings mehrere Aufkleber einer rechten Partei, die Unbekannte auf zwei Plakate geklebt haben. Kennen Sie schon die Post aus dem Newsroom? Den kostenfreien Newsletter der Kieler Nachrichten versenden wir Mo-Fr ab 17 Uhr. Hier können Sie sich für unser Mailing anmelden. Sie interessieren sich für Holstein Kiel? Dann melden Sie sich hier für den Newsletter " Holstein Kiel - Die Woche " kostenfrei an. Versand: jeden Freitag, 11.30 Uhr. Lesen Sie auch: Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein Veranstaltungen, Gastronomie, private Treffen: Diese Lockerungen sind geplant Das sieht die neue Quarantäneverordnung von Schleswig-Holstein vor Dänemark geht in die Offensive: Fähren gratis, Züge extrem billig Corona-Regeln: Wer muss in Schleswig-Holstein die Abstandsregel einhalten? Veranstaltungsbranche: "Night of Light" taucht Kiel in Rot Schweden-Rückkehrer müssen Corona-Test selbst bezahlen Alternative zur Corona-App: Kieler entwickeln Warn-Armband Corona-Krise in Schleswig-Holstein: Jedem dritten Laden droht die Pleite Corona in Schleswig-Holstein: Das müssen Urlauber beachten Corona in Schleswig-Holstein: So viele Genesene und Erkrankte gibt es aktuell Weitere Informationen zum Coronavirus erhalten Sie auf unserer Themenseite. Weitere Nachrichten aus dem Kreis Segeberg lesen Sie hier.

Bad Segeberg - Jetzt gibt's eine Open-Air-Ausstellung