Ärger in Kitas: Maskenregel "hanebüchen"

Das ergab eine Umfrage von KN-online unter einigen Kindertagesstätten (Kitas) im Kreis Segeberg. Auch wenn der seit Mitte Dezember 2020 geltende Lockdown eines Tages enden wird, sind neue Aufgaben absehbar. Denn dann kehren die Kinder zurück, die wochenlang zuhause betreut worden sind. "Es wird dann eine neue Gruppendynamik geben. Die Regeln müssen wieder eingeübt werden", sagt Ulrike Worbs voraus, Leiterin des evangelischen Kindergartens Leezen. Schon jetzt, bei reduzierter Kinderzahl, sei im Kitabetrieb den Kindern etwas anzumerken. "Es gibt eine andere Gruppenzusammensetzung, werden Freunde vermisst. Das stecken die Kinder unterschiedlich gut weg." In Kita nur ein Viertel wie sonst : Unter dem Strich laufe es gut, sagt Worbs. Regulär habe die Kita 102 Kinder. "Derzeit sind es 20 bis 30." So viele, wie am Ende der ersten Lockdown-Phase im Frühling. Damals seien es anfangs nur drei Kinder gewesen. Allerdings seien die Regeln seinerzeit schärfer gewesen. Beide Eltern hätten in systemrelevanten Berufen arbeiten müssen, nicht nur ein Elternteil wie jetzt. Auch alleinerziehende Berufstätige seien vor einem knappen Jahr noch nicht in der Berechtigtengruppe gewesen. Lesen Sie auch: Kitas in Kontrollpflicht: Notbetreuung sorgt für Konflikte Theoretisch dürften bei den sechs Gruppen bis zu 60 Kinder notbetreut werden. Die Eltern seien sich aber der strikten Regeln der Platzvergabe sehr bewusst. Sie reizten die Möglichkeiten nicht aus. Im Gegenteil: Wenn plötzlich doch noch Oma oder Opa den Enkel betreuen kann, wird der Kita für diesen Tag schnell abgesagt. Kinder der Ganztagsbetreuung würden später abgegeben in der Kita und früher abgeholt als sonst. Nur die Eltern mit Kindern auf Halbtagsplätzen kommen zeitlich wie immer. Eltern müssen Bedarf nachweisen: Die Eltern müssen den Bedarf für die Notbetreuung nachweisen. Manche legten deshalb Bescheinigungen der Arbeitgeber vor. Ulrike Worbs hat die Sache vereinfacht, ein Formularblatt ausgearbeitet, das die Eltern unterzeichnen müssen. Lesen Sie auch: Eltern bleiben mit der Betreuung allein Die Kita darf auch jene Kinder aufnehmen, bei denen es zu Hause gerade schwierig ist. "Kinder, die aus Sicht des Kindeswohls besonders schützenswert sind", heißt es in der Verordnung des Landes. Allerdings kam dies in Leezen bislang nicht vor. Auch von Corona blieb die Kita bislang verschont. "Man merkt die Unsicherheit bei allen: Wie geht es weiter?", sagt Worbs. Eine gute Seite habe der Lockdown. Die Kita wird demnächst erweitert. Zu Bauarbeiten passt ein halb leeres Haus besser. Viele Eltern auf Kita-Platz für Kind angewiesen: Gut eingespielt hat sich auch Kita Pusteblume in Trappenkamp. Die Awo-Einrichtung betreut sonst 125 Kinder in acht Gruppen mit 22 Pädagogen, derzeit sind es 25. "Viele Eltern arbeiten in der Pflege beim Landesverein für Innere Mission in Rickling", sagt Leiterin Cordula Schultz, "also in der kritischen Infrastruktur." Ab und an fragten auch nicht-berechtigte Eltern nach freien Kita-Plätzen. Schultz spürt dann, wie Mutter und Vater unter Druck stehen, weil deren Arbeitgeber Präsenz fordern, was die Betreuung der Kinder zu Hause ausschließt. "Nicht alle Arbeitgeber sind einsichtig", bedauert Schultz. Ärger über Regeln zu Masketragen: "Hanebüchen und sinnfrei" nennt sie die Maskenregelungen. Nur beim Trösten dürfe die Maske abgenommen werden – also genau dann, wenn ein Erzieher dem Kind besonders nahe sei. Bislang gab es kein Corona in der Kita, bis auf zwei Quarantänefälle beim Personal. Die Eltern dürften die Kita schon seit März nicht mehr betreten. Dann werde halt viel miteinander telefoniert. Das Team bespricht sich per Internet-Chat. Kinder vermissen einander: In der Awo-Kita Kunterbunt in Kaltenkirchen werden statt regulär 130 derzeit nur 45 Kinder betreut. "Die Kinder in der Kita und zuhause vermissen einander", sagt Leiterin Brigitte Jurk. Einige Eltern halten die Kinderbetreuung parallel zum Home-Office aufrecht. Die Pädagogen geben Eltern Tipps für die Kinderbetreuung zuhause, etwa Bastelanleitungen und Spielideen. Andere suchten wegen der starken Belastung das Gespräch mit der Kita-Leitung. Werden Eltern ungleich behandelt? "Unverständnis zeigen die Eltern für die Tatsache, dass auch diejenigen, die ihre Kinder weiter zur Kita bringen, von der Kostenerstattung für den Januar profitieren." Darauf habe die Awo keinen Einfluss. "Ebenso wenig wie auf die Notbetreuungskriterien. Wir wünschen uns, dass die Entscheidung, ob ein Anspruch auf Notbetreuung besteht oder nicht, bei einer zentralen Stelle getroffen wird und diese nicht bei der jeweiligen Kitaleitung liegt.“ Stark eingeschränkt ist laut Jurk die Förderung von Kindern über externe Kooperationsstellen. Frühförderstellen vergäben derzeit keine Termine für neue Kinder. "Teilweise warten die Kinder über sechs Monate auf ein Erstgespräch." Außerdem belaste Kollegen das Risiko einer Ansteckung durch den engen Kontakt zu den Kindern. "Erzieher sollten frühzeitig geimpft werden, um bei dem engen Kontakt zu den Kindern für mehr Sicherheit zu sorgen." Außerdem sollte es regelmäßige Testungen durch medizinisches Personal geben. Kleine Gruppen haben auch Vorteile: Ähnliche Probleme meldet die Kita Rasselbande aus Neuengörs. Sie betreut derzeit 42 statt 92 Kinder. Manche Eltern stehen sehr unter Druck, weil sie die Kriterien nicht erfüllen und deshalb keinen Kitaplatz buchen dürfen. "Die Kinder, die einen Platz in der Notbetreuung haben, sind sehr zufrieden und ausgeglichen. Die kleinere Gruppengröße lässt ganz andere pädagogische Einzelarbeiten zu", sagt Leiterin Grit Feller. Allerdings vermissen die Kinder ihre Freunde. Besonders schwierig sei die Maskenpflicht für das Personal. "Dadurch wird die Sprachförderung sehr eingeschränkt. Die Kolleginnen müssen sehr laut und überdeutlich sprechen und die Kinder angestrengt zuhören. Den Kindern fehlen Gesichtsmimik und Mundartikulation." Alle Beteiligten vermissten im täglichen Morgenkreis das Singen, die Tänze und Bewegungsspiele. Die Kita-Leitungen sind stark gefordert, etwa wegen neuer Gruppenlisten, Verordnungen und täglicher Meldungen der Kinderzahlen an das Ministerium. "Dienstbesprechungen können nur als Kleinteambesprechung auf Abstand stattfinden", sagt Feller, "und der Austausch des Gesamtteams entfällt." Mehr Vorlauf von Behörden gewünscht: "Die Situation ist für alle Beteiligten sehr herausfordernd", sagt Mathias Schilling, pädagogischer Betriebsleiter Eigenbetrieb Kindertagesstätten Henstedt-Ulzburg mit zehn Kitas. Statt 1500 werden zwischen 270 und 280 Kinder notbetreut. Besonders schwierig sei es für die Kinder, die derzeit nicht in den Kitas betreut werden können. "Wir sind bestrebt, den Kontakt zu allen Kindern aufrechtzuerhalten." Er wünscht sich mehr Vorlauf bei Anordnungen der Behörden. Sie kämen immer wieder kurzfristig. Wie viele andere Kitaleiter sagt auch Schilling: "Ich denke, alle Akteure versuchen ihr Bestmögliches."

Corona im Kreis Segeberg - Kitas kämpfen mit Problemen durch Corona