Ex-Wehrführer wurde neuer Bürgermeister in Klein Gladebrügge

Bislang hatte Göttsche den elterlichen Bauernhof als Reiterhof geführt, erklärte er den Politikerkollegen und der Handvoll Besucher im Feuerwehrhaus. Doch dann habe sich ihm eine berufliche Chance geboten, die ihn veranlasst habe, sein ganzes Leben umzustellen. Die Firma Lorica hätte ihm ein Angebot unterbreitet. Sie plant im benachbarten Traventhal die Trave-Land-Werke mit Windkraftanlagen, Solarthermie und Speicheranlagen. Er solle in Norddeutschland die Planung und Entwicklung neuer Kohlendioxid-neutraler Energieerzeugungsanlagen begleiten. Berufswechsel ist der Grund: Deshalb, so der 2018 gewählte Göttsche, habe er seinen Pferdehof aufgegeben und sich auf ein Leben mit längeren Ortsabwesenheiten, langen Dienstreisen und viel Spaß bei innovativen Aufgaben eingelassen. Aus seinem Selbstverständnis könne er nicht mehr den Ansprüchen, die an einen ehrenamtlichen Bürgermeister gestellt würden, gerecht werden. Gemeindevertreter will er bleiben. Alle Fraktionen der Gemeindevertretung erkannten Göttsches Gründe für den Rückzug an. Die AKW von Göttsche hat vier Stimmen und stellt zusammen mit dem Einzelkandidaten Waldemar Röhr die Mehrheit. In der Opposition sind die AWG mit drei Sitzen und die SPD-Abgeordnete Karen Hagen. Job geht vor Ehrenamt: "Der Beruf muss für einen jungen Mann natürlich Vorrang haben vor dem Ehrenamt", war die einhellige Meinung. Karl-Heinz Schulz (AWG), stellvertretender Bürgermeister, übernahm die Sitzungsleitung, dankte dem scheidenden Bürgermeister für seine Arbeit und rief zur Neuwahl auf. Mit fünf Ja-Stimmen wurde der einzige Kandidat Waldemar Röhr gewählt. Das reichte als Mehrheit, weshalb mögliche Gegenstimmen und Enthaltungen nicht gezählt werden mussten. In Klein Gladebrügge geboren: Röhr war 1961 in dem Ort geboren worden, verbrachte dort seine Kindheit, ging in Bad Segeberg zur Schule, lernte Landmaschinenschlosser in Rotenhahn (Högersdorf) und hatte vor rund 30 Jahren von seinen Eltern die Gaststätte Keglertreff übernommen. "Die Corona-Beschränkungen haben uns auch stark betroffen", berichtete er. Seine Mitarbeiter seien hauptsächlich geringfügig beschäftigt und erhielten daher keine Unterstützung aus den staatlichen Förderprogrammen. Kegeln dürfe man zurzeit auch nicht, nur der Außer-Haus-Verkauf von Speisen sei ihm noch erlaubt. Bis 2019 Wehrführer gewesen: 18 Jahre lang, bis 2019, war er Wehrführer in der Gemeinde. Er ist verheiratet, sein Sohn ist als Meister im Gas-Wasser-Anlagenbereich tätig. Beim Thema A20 will er abwarten. Die Autobahn will der Bund direkt am nördlichen Ortsrand über eine große Brücke entlang führen. "Schauen wir mal, was uns im Frühjahr 2021 angeboten wird, wenn die Pläne veröffentlicht werden", sagte Röhr. Dem Projekt Trave-Land-Werke in Traventhal steht er positiv gegenüber. "Wer könnte schon etwas gegen eine Kohlendioxid-neutrale Energieversorgung haben, zumal, wenn sie uns so viele Vorteile bringt?" Das Projekt könnte etwa Fernwärme liefern. Der Schlüssel "Keine Ahnung": Er erwartet gespannt auf Urteil in dem Verfahren. Denn das Land verweigert die Genehmigung, weil keine Windkraftanlagen gebaut werden dürften. Gegen das Verbot wird nun geklagt. Nach seiner Wahl übernahm Röhr von Vorgänger Volker Göttsche die Schlüssel zur Gemeinde. "Auch der Schlüssel 'Keine Ahnung' ist noch dran", sagte Göttsche. Von diesem Schlüssel wisse keiner, wofür er passt.