Fritz Abel aus Mönkloh kam mit etwas Glück zu seinem Impftermin

Mein Vater ist 80 Jahre alt. Er besitzt weder Smartphone noch Tablet, noch verfügt er über eine eigene E-Mail-Adresse. Dafür hat er einen QR-Code – auf der Einladung zu seinem persönlichen Corona-Impftermin in Kaltenkirchen. Bingo! Wie ich es geschafft habe, einen Online-Termin für ihn zu buchen? Die ganze Geschichte in zwei Worten: Glück gehabt. Erster Versuch - klägliches Scheitern: Die erste Runde im wöchentlichen "Termin-Roulette" für Impfwillige, ich scheiterte an diesem Dienstag kläglich. Schuld war nicht die Technik oder das kleine organisatorische Durcheinander, dass – obwohl anders angekündigt – zunächst Wahlstedt statt Kaltenkirchen als Impfzentrum für den Kreis Segeberg gelistet worden war. Ich war schlicht zu langsam und zu unentschlossen. Welcher Standort käme ersatzweise in Betracht – Itzehoe, Neumünster oder auch Prisdorf im Kreis Pinneberg? Als ich mich für Itzehoe entschied, waren noch 28 Termine verfügbar. Dann telefonierte ich sogar noch mit meiner Mutter zwecks Terminabsprache. Während wir also plauderten und sie jedwede zeitliche Freigabe erteilte ("Wir haben ja sowie nichts weiter vor"), waren alle 28 Termine in Itzehoe weg. Andernorts natürlich auch. Nächster Versuch - Mangel an Gamer-Reflexen: Runde zwei im Termin-Roulette. Der Plan an diesem Dienstag: schnell sein, motiviert vom eigenen Teenager-Sohn: "Du brauchst Gamer-Reflexe, Mama." Die Schwester sagte: "Auf alles schießen, was sich bewegt" – ich stamme aus einem Jäger-Haushalt. Kurz nach 8 Uhr – und keine Kaltenkirchen-Termine im Angebot. War so schnell alles "ausverkauft"? Sofort bemühte ich mich diesmal um andere Impfzentren. Ich klickte und klickte, öffnete Mails "Zur Terminbuchung" – ich war ganz nah dran. Mir wurden auch konkrete Termine angeboten, trotzdem waren es viele tote Enden, da ich keine Personenzahl mehr eingeben konnte. Restplätze in Husum und Flensburg – sorry, wirklich zu weit weg. Schließlich verschwand ein Zentrum nach dem anderen von der Homepage. Frust wie bei einer Internet-Auktion: Es war frustrierend, so, wie zu Beginn von "drei, zwei, eins - meins", wo ich in den letzten Sekunden der Internet-Auktion immer wieder um 50 Cent überboten worden war und daher nie, nie den Zuschlag erhielt – bis ich begriffen hatte, dass es dafür Biet-Roboter gab. Diese Zehntel-Sekunde, die über hop oder top entschied: Ich erinnerte mich an die ersten Versuche, Online-Tickets für die Elbphilharmonie zu ergattern. So, wie jetzt auch: Zu viele Interessenten zur selben Zeit für ein zu knappes Gut. Skepsis und ein letzter Versuch: Gegen 8.50 Uhr: Konnte es wirklich sein, dass Kaltenkirchen so derart schnell ausgebucht war? Ich rief nochmals die Homepage auf. Plötzlich waren die Standorte Gettorf und Kaltenkirchen (wieder?) im Angebot. Jetzt aber ran. Die Seite listete Terminvorschläge gleich für den folgenden Montag, 11. Januar 2021. Klicken, klicken! Ich könnte sagen, ich habe den erstbesten Termin ausgewählt, das stimmt aber nicht. Wer auf dem Land lebt, weiß, dass Termine vor 14 Uhr noch in der heiligen Mittagsstunde liegen. Also: 14.30 Uhr. Gebucht, bestätigt, gefreut. Bereits um 9 Uhr, also unmittelbar nach der Buchung, hatte ich die Rückmail im Postfach: "Gern bestätigen wir Ihre Anmeldung." Was folgt, sind Freude und Mitleid für andere: Mittwoch, Donnerstag, Freitag: Über einen Impftermin können sich Impfling plus Familie tatsächlich tagelang freuen. Am Sonnabend sehen wir in der Zeitung die enttäuschten Leserbriefe derer, die kein Glück hatten; der verärgerte Leser G.W. äußert den Verdacht, ob "alles reell bearbeitet wird". Erst jetzt kommt mir die Idee, über diese privaten Belange öffentlich zu berichten, weil ich dokumentieren möchte: Jawoll, "unser" Termin ist reell zustande gekommen. Lesen Sie auch: Einladung für Senioren nun doch per Brief Sonntag: Innerfamiliär hatte sich zwischenzeitlich die Stimmung leicht verändert; Begehrlichkeiten wurden geweckt. "Es wäre doch schön, wenn Eheleute gemeinsam geimpft würden", sagt die beste aller Mütter, quirlige 77 Jahre alt, sie wird meinen Vater nach Kaltenkirchen begleiten. Der Rest der Familie unisono: "Nein, eine solche Regel gibt es nicht". "Eigentlich gehöre ich auch zur Risikogruppe." Wir: "Du musst wohl noch warten." "Vielleicht ist noch Impfstoff in der Ampulle übrig?" Wir: "Selbst wenn, der ist dann für die Helfer." Schließlich: "Ich glaube, ich bin einfach noch zu jung fürs Impfen." Wir: "Ja." Endlich der Impftermin - wie geschnitten Brot: Der große Tag. Die Dokumente – auch das mit dem QR-Code – werden gewissenhaft vorbereitet und unterschrieben; alles liegt zusammen mit Impfpass und Personalausweis in einer roten Mappe. Abfahrt um 13.45 Uhr, großzügig kalkuliert, die 18 Kilometer nach Kaltenkirchen sollte man tatsächlich mit dem Auto zum Termin um 14.30 Uhr schaffen. "Dein Vater und ich sind eben gerne rechtzeitig." Lesen Sie auch: Zweiter Impftermin erst nach 35 Tagen 16.30 Uhr: Anruf bei den Eltern, alles erledigt. Wie war es denn? Es war alles "sehr": Die Bundeswehrsoldaten am Empfang sehr nett, alles sehr gut organisiert, das Arztgespräch sehr freundlich, die Warteräume sehr luftig und sehr viel Platz für die Wartenden. Was sagt der Impfling? Nachdem er die ganze Woche den Termin herbeigesehnt hatte, konnte er kaum das Viertelstündchen zur Nachbeobachtung im Impfzentrum abwarten, berichtete meine Mutter. Er hatte nur noch nach Hause wollen. Lust zu telefonieren, hatte mein Vater gerade nicht. Er ließ grüßen und saß in seinem Ohrensessel, den Hund zu seinen Füßen, und genoss das kleine, das große Glück.