Hans-Heinrich Thege vollzieht den Generationswechsel im Dorfladen Daldorf

Mehr als 50 Daldorfer hatten sich am Silvestertag vor dem Edeka-Laden in der Dorfmitte versammelt, um Hans-Heinrich und Anette Thege zu danken. Genau um 13 Uhr übergaben diese ihr Geschäft in jüngere Hände. "Das wär ja doof, wenn der Laden hier zumachen würde", sagt Hans-Heinrich Thege. Das Geschäft ist nicht nur einfach ein Laden, ein "Versorgungspunkt", wie es planerisch heißt. Der Familienbetrieb in Daldorf hat Geschichte. Über 100 Jahre Dorf- und Familiengeschichte: Schon aus dem Jahr 1908 findet sich eine Postkarte, aus der hervorgeht, dass hier von Theges Vorfahren eine "alkoholfreie Wirtschaft und Ausspann" betrieben wurden. Gespannpferde und deren Nutzer sowie Radfahrer konnten sich erholen und einen erfrischenden Trunk zu sich nehmen. Noch heute prangt der Schriftzug "Utspann" über dem Eingang. Wirtschaft und Dorfladen unter einem Dach: Erich und Ilse Thege, die Eltern von Hans-Heinrich Thege, gründeten dann 1955 einen "Gemischtwarenhandel", damals noch mit breitem Verkaufstresen, hinter dem Ilse die Kunden bediente. Erich hingegen betrieb in der linken Haushälfte die Gastwirtschaft im Dorf. Hier fand damals das Dorfleben statt: Alle Versammlungen, ob von Gemeinderat, Feuerwehr oder der Jagdgenossenschaft, wurden im Hinterzimmer abgehalten. Umbau zum Selbstbedienungsladen: 1960 dann vergrößerten die Theges das Geschäft und aus den früheren Ställen wurde nun ein Selbstbedienungsladen. Hier gab es nicht nur das normale Angebot, auch Gummistiefel und Schaufelstiele konnte man bei Theges kaufen. Die Segeberger Zeitung nannte den Laden damals "Klein Karstadt in Daldorf". Hans-Heinrich Thege beendete die Schule, lernte in Bad Segeberg den Beruf des Einzelhandelskaufmanns und übernahm nach der Bundeswehrzeit 1983 die Gaststätte von seinem Vater. Kunst in Theges "Blauer Kneipe": Hier setzte er gleich neue Akzente. Von klein auf musisch begabt, wandelte er den altertümlichen Dorfgasthof in „Theges Blaue Kneipe“ um. Hier konnte er seine selbst gemalten Bilder aufhängen und statt der älteren Bauern traf sich hier nun die Jugend aus der Umgebung. Ehefrau Anette, die er im selben Jahr heiratete, war von Anfang an mit dabei. 1993 trat Mutter Ilse dann in den Ruhestand und Hans-Heinrich übernahm auch den Lebensmittelhandel. Seitdem versorgt er das Dorf, ganz im Sinne seiner Eltern, mit allem Notwendigen für den täglichen Bedarf. Corona-Krise gut gemeistert: Und so hat die Familie auch die Corona-Krise gut gemeistert. "Das Dorf hält toll zu uns", berichtet Thege. "Wir haben sogar mehr Kunden als zuvor, weil viele Menschen jetzt das Gedrängel in den großen Märkten meiden und lieber zu uns kommen." Lesen Sie auch: 1,5 Millionen Euro für Markttreffs in Wittenborn und Glasau Dazu trägt natürlich auch bei, dass er schon um sechs Uhr morgens öffnet und sich viele Arbeitnehmer der örtlichen Gewerbebetriebe hier mit Brötchen und "Coffee to go" versorgen. Nächste Generation übernimmt das Geschäft: Nun ist Hans-Heinrich Thege inzwischen 70 und zieht sich mit dem Jahreswechsel vom aktiven Geschäftsleben zurück. Das Geschäft aber bleibt in Familienhand. Tochter Jessica, verheiratete Ernsting, hat schon immer im Laden ausgeholfen, aber nach der Schule eine Konditorlehre bei Villwock in Segeberg gemacht. Nun wird die 35-Jährige im neuen Jahr in die Fußstapfen ihres Vaters treten, unterstützt von ihrem Mann, der zwar als Versicherungsmakler nicht vom Fach ist, sich aber sehr gut mit den Zahlen und der Buchhaltung auskennt. Und vielleicht werden Tochter Sophia oder Sohn Alexander eines Tages von ihnen den Laden in der Dorfmitte übernehmen, damit das nun schon über 100 Jahre alte Dorfzentrum in der Familie bleibt und weiter Dorfgeschichte schreibt. Von Klaus J. Harm