Der Experte aus Reinbek hatte sich die Zahlen über anstehende Straßenausbauten in den nächsten zehn Jahren aus dem Bauamt besorgt. Danach würde die Stadt bis 2029 jährlich durchschnittlich 930.000 Euro an Anliegerbeiträgen einnehmen. Zum Vergleich: In den letzten zehn Jahren nahm die Stadt jährlich nur gut 60.000 Euro ein.
Steenbock hatte für drei Varianten ausgerechnet, wie Bürger durch das Ausbauprogramm belastet werden. Eine Möglichkeit wäre, die Ausbaubeiträge durch eine Erhöhung der Grundsteuer zu ersetzen. Für einen durchschnittlichen Grundbesitz wären dann jährlich 162 Euro mehr fällig. Der Hebesatz stiege von derzeit 390 Prozent auf 560 Prozent. Die Rechnung hat allerdings eine Unbekannte. Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes müssen die veralteten Einheitswerte für die Grundstücke neu festgelegt werden, auf die die Hebesätze angewendet werden. Es kann also auch deutlich teurer werden.
Verrentung wäre eine Möglichkeit
Möglichkeit 2 wäre eine Beibehaltung der Straßenausbaubeiträge in jetziger Höhe, die dann allerdings nicht mehr auf einmal bezahlt werden müssen, sondern verrentet werden. Beispiel Graf-Stolberg-Straße: Die 2,1 Millionen Euro Ausbaubeiträge würden den durchschnittlichen Anlieger monatlich mit 176 Euro belasten – auf 20 Jahre.
Die dritte Variante sind die wiederkehrenden Beiträge. Steenbock hat hierfür die Stadt in fünf Abrechnungsgebiete unterteilt. Wird eine Straße ausgebaut, müssen alle Grundstückseigentümer im Gebiet dafür aufkommen.
Dieses Modell allerdings führt zu extrem unterschiedlichen Belastungen. Sie sind abhängig davon, auf wie viele Grundstücke in dem Gebiet die Kosten verteilt werden können, wie der Zustand der Straßen ist und in welchem Zeitraum die Kosten anfallen.
Wiederkehrende Beiträge sind klageträchtig
Steenbock hat ausgerechnet, dass im Abrechnungsgebiet 4 (Süd-Osten der Stadt) in ein Durchschnittsbetrag von 1539 Euro nur im Jahr 2020 anfallen würde. Im Gebiet 1 (Nordstadt) würden sich die Kosten auf mehrere Jahre gestreckt auf 416 Euro jährlich belaufen. Die wiederkehrenden Beträge gelten als extrem klageträchtig, weil die Gebietsschneidung immer eine gewisse Willkür beinhaltet. Bürgermeisterin Verena Jeske wies zudem auf den immensen Verwaltungsaufwand hin, den die Berechnung der Beiträge auslöst.
Steenbock gab den Kommunalpolitikern keine Empfehlung, wie sie verfahren sollen. Um die Belastungen der Bürger trotz steigender Baupreise in Grenzen zu halten, gab er jedoch einige Tipps. Beispielsweise könne der Stadtanteil erhöht werden, in dem die Beitragssätze abgesenkt werden. In Wahlstedt werden in Anliegerstraßen nur 60 Prozent der Kosten umgelegt, in Bad Bramstedt 85 Prozent. Auch könne der Anteil der Stadtentwässerung an den Baukosten erhöht werden, nämlich immer dann, wenn die Kanalisation unter der Straße erneuert werden muss. „Dann können bis zu 50 Prozent der Straßenbaukosten über die Abwassergebühr abgerechnet werden“, so Steenbock. In Bad Bramstedt ist es dagegen praktiziertes Verfahren, dass nur die reine Kanalsanierung aus den Abwassergebühren bezahlt wird, alles andere in die Kalkulation der Anliegerbeiträge einfließt.
Entscheidung im August
Der Finanzausschuss will nun im August entscheiden, wie weiter verfahren wird. Die Ausschussmitglieder gaben schon einmal einen Ausblick. Helmer Krane (FDP) hält weiterhin an einer Komplettabschaffung fest. Die Stadt bekomme seit 2018 auf drei Jahre verteilt 360.000 Euro vom Land, auch, um die Abschaffung der Beiträge zu ermöglichen. „Wir haben davon bisher nichts an die Bürger weitergegeben." Außerdem meldete er Zweifel an den Zahlen des Bauamtes an - nicht ganz umbegründet: Die Graf-Stolberg-Straße beispielsweise war zuletzt 2000 instandgesetzt worden. Nach Protesten wurden die Arbeiten damals als Straßenunterhaltung deklariert, auf die Erhebung von Ausbaubeiträgen konnte so verzichtet werden. Sie soll nun 28 Jahren später wieder saniert werden. Dabei hatte Steenbock erklärt, dass Straßenausbauten erfahrungsgemäß alle 50 bis 60 Jahre anstehen.
Für Volker Wrage (CDU) sind die Zuweisungen vom Land "Peanuts“ im Verhältnis zu den 930.000 Euro, die der Stadt jährlich bis 2029 verloren gingen. Gilbert Sieckmann Joucken (Grüne) sagte, das alles Geld, das die Stadt bekomme auch den Bürgern zugute komme. „Wir stecken uns das ja nicht in die Tasche.“
SPD für niedrige Beitragssätze
Jan-Uwe Schadendorf (SPD) erneuerte seinen schon einmal abgelehnten Kompromissvorschlag: „Wir sollten die Anteile senken, die der Bürger zu bezahlen hat.“ Er möchte dem Wahlstedter Modell folgen. Ob CDU und Grüne sich darauf einlassen oder eine andere Variante wählen, blieb offen. Die Fraktionen wollen noch intern beraten.
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Straßenausbauten bis 2029:
Diese Straßenausbauten plant die Stadt Bad Bramstedt bis 2029 (Beträge sind gerundet):
2019: Landweg/Bimöhler Straße: Kosten: 1,35 Mill. Euro (ohne Kreisanteil), davon entfällt auf die Anlieger 837.000 Euro (62 Prozent). Am Badesteig: Kosten: 220.000 Euro, Anliegerbeitrag: 187.000 Euro (85 Prozent)
2020: Am Wittrehm/Otto-Liebig-Weg: Kosten 350.Euro, Anliegerbeitrag: 297.500 Euro (85 Prozent).
2023: Goethering/Rudolf-Kinau-Straße/Lessingstraße: 1,1 Mill. Euro, davon Anliegerbeitrag: 935.000 Euro (85 Prozent).
2025: Maienbaß: Kosten: 4,6 Millionen Euro, Anliegerbeitrag: 2,7 Mill. Euro (45 bis 75 Prozent).
2026: Bob’n de Lieth: Kosten: 1,5 Mill. Euro, Anliegerbeitrag: 1,33 Mill. Euro (85 Prozent).
2027: Brambusch: Kosten: 1,1 Mill. Euro, Anliegerbeitrag: 970.000 Euro (85 Prozent).
2028: Graf-Stolberg-Straße: Kosten: 2,4 Mill. Euro, Anliegerbeitrag: 2,1 Mill. Euro (85 Prozent).
2029: Gewerbegebiet Nord: Kosten: 2,8 Mill. Euro, Anliegerbeitrag: 2,4 Mill. Euro (85 Prozent).