Anfeindungen gegen Corona-Infizierten: "Du bringst die Seuche!"

Davon weiß Kreispressesprecherin Sabrina Müller zu berichten. Sie sieht eine Gefahr für Infizierte, Schaden zu nehmen, falls bei ortsgenauen Infiziertenzahlen die Erkrankten identifiziert werden könnten. Müller berichtet von Vorfällen, als im Umfeld Mülltonnen umgeschmissen und Wände beschmiert worden seien: "Du bringst uns die Seuche!" Gerichtsurteil legt Veröffentlichung nahe: Leser Lutz Jopp aus Oersdorf wünscht sich trotzdem mehr Offenheit: "Im Kreis Segeberg werden seit einigen Tagen überproportional hohe neue Infektionszahlen gemeldet. Warum wird nicht über die Hotspots und mögliche Gründe berichtet?" Die Antwort: Weil der Kreis sie nicht herausgibt. Obwohl ein Gericht andernorts jüngst eine Veröffentlichung von Ortszahlen verlangte. Laut einer Pressemitteilung hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in einem Eilrechtsschutzverfahren entschieden: In Rheinland-Pfalz müssen die Behörden Auskünfte zu SARS-CoV2-Infektionszahlen an die Presse grundsätzlich auch dann erteilen, wenn diese heruntergebrochen auf die Ebene der Ortsgemeinden begehrt werden. Information kann Bürgern helfen: Es gebe einen Auskunftsanspruch, schutzwürdige private Interessen würden nicht verletzt, so die Richter. Dass es in einer Ortsgemeinde aktive SARS-CoV2-Infektionen gebe, lasse ohne Zusatzwissen keinen Rückschluss auf die konkret betroffene Person zu. Und in kleinen Ortsgemeinden seien die betroffenen Personen ohnehin bekannt, durch Quarantäneanordnungen oder Schul- und Kitaschließungen dort. Für Lutz Jopp könnten ortsgenaue Zahlen hilfreich sein. "Oersdorf grenzt an Kaltenkirchen, wo in den vergangenen Wochen dem Vernehmen nach zahlreiche Corana Fälle aufgetreten sein sollen. Weil viele tägliche Kontakte wie Einkaufen und Arztbesuche dort stattfinden, wirken diffuse Informationen und Gerüchte eher verunsichernd." Datenschutz bis auf Kleinstdörfer kein Problem: Der Kreis Rendsburg-Eckernförde etwa veröffentlicht ortsgenaue Zahlen, auch andere Kreise in der Bundesrepublik. Gegenüber KN-online hatte auch die Datenschutzbeauftragte des Landes Marit Hansen gesagt: "Aus datenschutzrechtlicher Sicht kommen wir zu dem Schluss, dass eine gemeindebezogene Veröffentlichung unter bestimmten Bedingungen infrage kommen kann." Lesen Sie auch: So lief der Testbetrieb in Bad Segeberg Nur kleiner als 100 Einwohner sollte eine Gemeinde nicht sein, weil sonst Betroffene identifizierbar seien. Gesundheitsdaten der einzelnen Personen seien sensibel und müssten geschützt werden, hatte Datenschutzbeauftragte Hansen gesagt. "Dies steht aber Statistiken und Aussagen zum Infektionsgeschehen nicht im Wege." Es gebe im Übrigen auch ein Informationszugangsrecht. "Ich weise zurück, dass es am Datenschutz scheitert." Anläufe im Kreistag mehrfach gescheitert: Auch in der Kreispolitik hatte es mehrere Versuche gegeben, zuletzt in der Kreistagssitzung im Dezember. Doch den Antrag der AfD lehnten alle übrigen Fraktionen ab. Die Kreisverwaltung sieht sich durch das Landesinnenministerium bestätigt. "Nach Auffassung des Ministeriums ist der Landrat dazu nicht verpflichtet. Dies gilt sowohl für Auskünfte zu Gesundheitsangaben von Erkrankten als auch für Auskünfte zu Todesursachen im Zusammenhang mit Covid-19-Infektionen." Weitere Gefahr: Kreispressesprecherin Sabrina Müller sieht außer der Gefahr für Infizierte, identifiziert und belästigt zu werden, dass Bewohner in Orten mit wenigen Fällen sich in trügerischer Sicherheit wiegen könnten. Bislang berichtet die Kreisverwaltung täglich über die Gesamtlage im Kreis Segeberg, aber ohne Orte zu nennen. Ausnahmen sind akute Brennpunkte, etwa wenn das Coronavirus in Altenheimen oder Schulen zirkuliert. Dann nennt der Kreis auch den Namen der Einrichtung. Bei den meisten der 45 Todesfälle ohnehin: Sie ereignen sich zu über der Hälfte in Altenheimen, etwa in Norderstedt, Sülfeld und Kaltenkirchen. Lockdown: Das steht in der neuen Landesverordnung von Schleswig-Holstein Weihnachten in Schleswig-Holstein: Was erlaubt ist So können Sie Weihnachten 2020 Gottesdienst feiern Hier bekommen Sie noch vor Weihnachten einen Schnelltest Diese Regeln gelten für Silvester in Schleswig-Holstein So werden die Corona-Regeln kontrolliert Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein Weitere Informationen zum Coronavirus erhalten Sie auf unserer Themenseite. Daten trügen zur Sensibilisierung bei : Lutz Jopp aus Oersdorf beruhigt all das nicht, zumal die Zahl der Neuinfektionen weiter stark steige. "Detailliertere Informationen über mögliche Schwerpunkte, oder auch keine, müssen nicht unbedingt zur Verunsicherung der Menschen führen, sondern sollten zusätzlich zur Sensibilisierung beitragen." Nach seinen Beobachtungen sei das offensichtlich immer noch notwendig. "Detailangaben sind nicht nur hilfreich, sondern auch notwendig!"

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