Kreis Segeberg gibt Zuschüsse als Corona-Hilfe für Gastronomie und Firmen

Die Initiativen gehen auf die Fraktionen von CDU und SPD zurück, die jeweils einen Antrag eingebracht hatten. Es geht um direkte Zuschüsse, und um Hilfe bei den Kosten für den Steuerberater, die bei Unternehmern anfallen, wenn sie Bundeszuschüsse beantragen. Unter Tränen hatte zu Beginn der Kreistagssitzung in der Kreissporthalle in Bad Segeberg Melanie Wellendorf, Betreiberin der Nah-Bar aus Nahe und alleinerziehende Mutter, auf die Not aufmerksam gemacht. "Ich spreche für zahlreiche Kollegen in der Gastronomie", sagte sie unter dem Applaus weiterer Wirte, die auf den Zuschauerplätzen saßen. Wegen Corona "unverschuldet in Not": "Wir sind unverschuldet in Existenznot, von Insolvenz bedroht", sagte sie. Auch die Mitarbeiter und die Familien seien betroffen. Im März habe sie ihre Gaststätte in Nahe zum Schutz der Allgemeinheit schließen müssen. Seit August habe sie keine staatliche Hillfe mehr bekommen. Ihre Reserven seien aufgebraucht. "Die Kosten tragen wir seit vier Monaten allein." Und wenn Hilfe komme, komme sie zu spät. "Wir brauchen sie jetzt!" Sonst drohe die Insolvenz. Zum Schluss wünschte sie allen Abgeordneten ein Weihnachtsfest ohne Ängste und Nöte. Doppelte Corona-Hilfe nicht erlaubt: Kreispräsident Claus-Peter Dieck (CDU) versicherte Melanie Wellendorf: "Wir machen uns alle Gedanken. Wir möchten gerne helfen, vieles darf man nicht." Damit sprach er ein Problem des CDU-Antrages an. Denn vieles wird bereits von Bund und Land gefördert. Doppelte Hilfe darf es rechtlich nicht geben. Direkte Corona-Hilfe: 750.000 Euro für Gastro-Betriebe: Mit 750.000 Euro solle der Kreis Landgasthöfe mit Saalbetrieb und gastronomische Treffpunkte mit Musik unterstützen, forderte die CDU. Die Kreisverwaltung solle eine Richtlinie entwickeln, über die der Hauptausschuss entscheiden werde. Um auf Nummer Sicher zu gehen, soll Kreisgeld nur fließen, wenn nicht schon Bund oder Land fördern. Dabei helfen soll die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft des Kreises (WKS). Hilfe sei überfällig, machte CDU-Fraktionschef Torsten Kowitz deutlich und verwies auf die Eingangsrede der Wirtin aus Nahe. Musiktreffpunkte seien mehr als Dorfkneipen, Veranstaltungsorte für Kultur und Ehrenamtler. Sie bilden im ländlichen Raum ein soziales Zentrum. "Das Ende der Landgasthöfe wäre der Anfang vom Ende des Ehrenamtes." Problem: Förderlücken finden: Etwas angesäuert reagierte SPD-Fraktionsvorsitzende Edda Lessing: "Die CDU lässt sich in Medien als Retterin der Landgasthöfe feiern." Das sei kein CDU-Antrag, sondern in Kreisgremien erarbeitet. "Es ist unredlich, Herr Kowitz, wenn sie den Leuten solche Hoffnungen machen, da sie so nicht zu halten sind. Wir, die Fraktionen, haben uns Mühe gegeben, wollen alle helfen. Wollen allein reicht nicht, man muss auch sagen wie." Denn erst seien die Förderlücken noch zu finden. Die Menschen, die um Existenz bangen, hätten es verdient, dass man mit ihnen ehrlich umgehe. Mauschelei? Heiko Evermann (AfD) begrüßte zwar generell Hilfen, aber es gebe ja schon viele Förderprojekte. "Die Hilfen, die die CDU plant, sind anrechnungspflichtig. Jedes Geld, das der Kreis auszahlt, wird bei Bund und Land abgezogen." Nun nach Förder- und Rechtslücken zu suchen, "ist Mauschelei. Besser wäre, Kultur zu fördern." Das helfe letztlich auch Landgasthöfen, wo die Kultur ja stattfinde. Das rief Edda Lessing auf den Plan. "Ich verwahre mich dagegen, dass wir der Mauschelei bezichtigt werden." Es würden rechtskonforme Lücken gesucht. Corona-Regeln für Dezember: Teil-Lockdown bleibt, Schleswig-Holstein hält an 10-Personen-Regel fest Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein An diesen Schulen und Kitas gibt es Corona-Fälle Weitere Informationen zum Coronavirus erhalten Sie auf unserer Themenseite. FDP sieht Mitschuld beim Bund: Klaus-Peter Schroeder (FDP) sah eine Mitschuld an der Krise der Betriebe beim CDU-Bundeswirtschaftsminister. "Es ist ja nicht Verschulden des Kreises, dass die Mittel des Bundes so spät ankommen. Peter Altmaier hatte viel Zeit, die Richtlinie umzusetzen." Vor Zeitverzug warnte Toni Köppen (WI-SE). Hilfen müsste schnell kommen. "Sonst sind viele Firmen gar nicht mehr da." Er sah den Kreis in der Pflicht, das Kreisgebiet lebenswert zu erhalten. "Die Kreisverwaltung muss kreative Wege finden, um den Menschen Perspektiven zu geben." Warum müssen Gasthöfe schließen, fragt AfD: Julian Flak (AfD) fragte kritisch nach, warum überhaupt Gaststätten und Hotels schließen müssten. Die Coronazahlen seien in der Region doch relativ niedrig. "Wir werden in Sippenhaft genommen mit dem gesamten Bundesgebiet." Ortsgenaue Coronazahlen gebe es leider auch im Kreis Segeberg nicht, weil dieser sie nicht herausrücke. Die SPD hatte vorgeschlagen, 300.000 Euro "zur schnellen und unbürokratischen Förderung von juristischer und steuerlicher Beratung für Corona-betroffene Unternehmen und Freiberufler" auszugeben. Die Kreisverwaltung soll eine Förderrichtlinie erarbeiten, die kreisnahe WKS die Förderanträge später mit prüfen. Beide Anträge von CDU und SPD wurden mit großen Mehrheiten angenommen. Dehoga will landesweit Nachahmer: Begeistert zeigte sich Dehoga-Kreisvorsitzender und Landes-Vizepräsident Lutz Frank (Bad Segeberg), der Gast der Kreistagssitzung war. "Das ist zurzeit einmalig in Schleswig-Holstein, dass ein Kreistag unserer zur Zeit geschlossenen Gastronomie-Branche so nahe steht und so mitfühlen kann." Sein Verband stehe für Gespräche bereit. "Es wäre doch sinnvoll, wenn wir dann mitreden können und Vorschläge einbringen." Die Rückendeckung des Kreises Segeberg für Corona-betroffene Betriebe sollte Vorbild sein für alle anderen Landkreise, meinte Frank.