Kreis Segeberg wehrt sich nach Blitzbilanz 2020 gegen Abzocke-Vorwurf

Nach ersten Auswertungen waren 2020 bis zum 21. Dezember 12,1 Millionen Fahrzeuge an den stationären und den mobilen Messstationen erfasst worden. Davon waren rund 105.000 Fahrer zu schnell unterwegs. Das entspricht etwa 0,9 Prozent. Die Lockdowns wegen der Coronakrise haben dazu geführt, dass deutlich weniger gefahren wurde, sagt Sandra Firsching, Pressesprecherin der Polizeidirektion Bad Segeberg. Außerdem wurde zeitweise an manchen Straßen gearbeitet. Wegen Corona weniger Verkehr: So hatte das Land die wichtige Verkehrsachse B205 zwischen Wahlstedt und Neumünster ein halbes Jahr lang saniert. Außerdem, so Firsching, hatten die stationären Tempomessanlagen repariert werden müssen. "All das führte zu einem Minus von rund 40.000 Verstößen." Spektakuläre Verstöße: Firsching nennt einige spektakuläre Verstöße. So war ein Mercedes-Fahrer in Norderstedt mit 127 km/h unterwegs, wo nur 60 km/h erlaubt waren. Die Folge: 440 Euro Bußgeld und zwei Monate Fahrverbot sowie zwei Punkte in der sogenannten Sünderkartei. Der Fahrer eines Kleinwagens hatte es in Fahrenkrug besonders eilig. Statt der erlaubten 50 km/h hatte er 114 km/h auf dem Tacho. Er muss drei Monate ohne Führerschein auskommen, 480 Euro zahlen und mit zwei Punkten in der Fahrerkartei leben. Mehrere Monate Fahrverbot: Auf der B205 war eine Baustelle eingerichtet, weshalb nicht schneller als Tempo 70 erlaubt war. Das kümmerte einen Mercedes-Fahrer nicht. Er bretterte mit 197 km/h durch die Passage. Er durfte ebenfalls drei Monate kein Auto mehr steuern, musste 600 Euro zahlen und sicherte sich zwei Punkte. Für "bemerkenswert" hält die Polizei auch einen Mini-Fahrer, der zwischen Bad Segeberg und Klein Rönnau fuhr. Die Verkehrsschilder weisen auf das Maximaltempo von 60 km/h hin. Er drückte das Gaspedal aber so weit durch, dass der Wagen 156 km/h fuhr. Die Folgen: Drei Monate Fahrverbot, 680 Euro Strafe, zwei Punkte. 645 Mal rote Ampel ignoriert: Vor allem an den mobilen Messtrupps blitzte es oft. Zwar waren dort nur rund sieben Prozent der Fahrer zu schnell, und nicht zehn Prozent wie sonst, sagt Sandra Firsching. Allerdings waren die Schnellfahrer 2020 besonders fix unterwegs gewesen. Die gemessene Geschwindigkeit lag höher. "Der Anteil der Bußgeldanzeigen stieg von 6,6 auf 12,4 Prozent." Mit dem Rotlicht an Ampeln nahmen es 645 Fahrer nicht so genau. 173 hatten es sogar so arg getrieben, dass ihnen ein Fahrverbot drohte. Besonders fiel der Polizei ein Fahrer auf, der eine Ampel ignorierte, die seit 116 Sekunden rot angezeigt hatte. Polizei und Kreis investieren in Technik: Dank der Verkehrsüberwachung mit fest installierten Geräten seien die früher gefährlichen Standorte unfallfrei, freut sich die Polizei: in Norderstedt an der Flughafen-Umgehung Fuhlsbüttel und an der B432 Segeberger Chaussee, in Leezen an der B432 nahe der Schule, in Lentföhrden an der B4, in Bockhorn an der B206, in Bad Segeberg an der B206 Höhe Bahnhof. Die Polizei kündigte an, gemeinsam mit dem Kooperationspartner Kreis Segeberg in die Modernisierung der bestehenden Messtechnik zu investieren. "Keine Abzocke": Die Einnahmen teilen sich Polizei und Kreis, unterteilt unter anderem nach Abzug der Kosten für Anschaffungen von Verkehrsüberwachungstechnik. Allein der Kreis kassiert in der Regel jedes Jahr einige Hunderttausend Euro. "Den Vorwurf der Abzocke höre ich immer wieder. Aber das ist dummes Zeug", sagt Rosemarie Jahn (FDP), Vorsitzende des Kreisverkehrsausschusses. "Ich kann das nicht nachvollziehen." Jeder mache mal Fehler: Es gehe darum, Unfallschwerpunkte zu beseitigen. Wie viel geblitzt werde, hänge auch von den Kapazitäten der Polizei ab. Sie, Jahn, kenne keinen Ort, an dem geblitzt werde, der nicht entsprechend sinnvoll gewählt sei. "Wenn ich will, dass in meinem Ort das Tempolimit eingehalten wird, muss ich mich an anderen Orten ebenfalls so verhalten." Wobei sie wisse, dass Menschen Fehler machen. Sie selbst sei schon geblitzt worden, auf der B206 in Bad Segeberg nahe der Trave, wo nur Tempo 50 erlaubt ist und die Straße etwas abschüssig verläuft. "Ich habe mich da über mich selbst geärgert."