Ihren Anfang genommen hatte die Geschichte um 11.27 Uhr. Einer Zeugin war eine verdächtige Gestalt aufgefallen, die sich auf einem Grundstück am Heideweg herumdrückte. Da es sich möglicherweise um einen Einbrecher handeln konnte, der den letzten Tag des Jahres zu einem lohnenden Fischzug in dem kleinen Wohngebiet nutzte, griff sie vorsichtshalber zum Telefon und wählte den Notruf.
Kein Routine-Einsatz
Wenige Minuten später war die Polizei vor Ort – und sie traf an der genannten Stelle tatsächlich auf einen Mann, der sich hochverdächtig verhielt. Laut Polizeisprecher Lars Brockmann ergriff der 38-Jährige nämlich Hals über Kopf die Flucht, als er die Beamten erblickte. Ein Detail machte in dieser Sekunde aus dem Routine-Einsatz eine lebensgefährliche Angelegenheit: Der Mann trug eine Schusswaffe bei sich.
Der Fluchtweg des Wahlstedters führte hinein in ein kleines Waldgebiet. Es wird von Gilde-, Heide- und Birkenweg umschlossen. Auf dem kleinen Fußweg, der den Heide- mit dem Gildeweg verbindet, kam es nun zu einer nervenzehrenden Situation: Die Polizei eilte hinter dem Flüchtenden her und forderte ihn lautstark auf, sofort stehen zu bleiben und die Waffe fallen zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt wurden die ersten Anwohner des Gildewegs auf das gefährliche Geschehen aufmerksam. Sie missinterpretierten die Situation allerdings. "Da waren Leute, die haben sich laut gestritten", berichtete eine Nachbarin. "Aber das kennen wir schon. Da ist öfter mal Krawall in dem Wald." Mitunter wird im Schutz der Bäume nämlich gern und ausgiebig gezecht – und ein Wort ergibt das andere. Diesmal aber war es ganz anders. Mehrfach schallte das Wort "Fallenlassen!" messerscharf durch die Bäume.
Die Situation schaukelte sich hoch
Die ganze Dramatik offenbarte sich um genau 11.48 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt erreichte der 38-Jährige nämlich den Gildeweg – und zumindest nach vorn war der Fluchtweg zu Ende. Er hätte nur noch nach links oder rechts ausweichen können, entlang von bewohntem Gebiet. "Die Einsatzkräfte konnten den Mann schließlich stellen", berichtet Brockmann. Doch obwohl dem Wahlstedter langsam hätte klar sein müssten, dass er keine Chance zum Verschwinden mehr hatte, gab er seine Bewaffnung nicht auf. Die Situation schaukelte sich hoch. Brockmann: "Im weiteren Verlauf kam es zu einem Schusswaffengebrauch der Beamten." Der Schuss traf – und schickte den 38-Jährigen zu Boden.
Ein paar Minuten danach heulten Martinshörner durch das Wohngebiet. Wehrführer Jörg Neubauer, erfuhr von zwei Kameraden, die sich gerade in der nahegelegenen Wache der Freiwilligen Feuerwehr aufhielten, was vor sich ging: "Da fuhren Notarzt und Krankenwagen sehr schnell in den Gildeweg." Die Polizeibeamten hatten ihren Einsatz unverletzt überstanden.
Mann wurde operiert
Das Gebiet um den Ort der Konfrontation wurde mit rot-weißem Flatterband abgesperrt. Eine Streifenwagenbesatzung der Polizei stellte sicher, dass kein Unbefugter das sensible Gelände betrat. "Da hinten kann man aber noch das Blut am Boden sehen", sagte eine Anwohnerin. Ein Nachbar ergänzte: "Ich bin erst nach Hause gekommen, als alles gelaufen war. Da war die Polizei schon da. Den Mann haben sie mit dem Krankenwagen weggebracht." Nach Informationen der Segeberger Zeitung lief am späten Nachmittag noch die Operation in der Klinik.
Zwischenzeitlich hat die Polizeibezirksinspektion Kiel (BKI) die Federführung in dem Fall übernommen. Vor Dienstag wird nicht mit der Bekanntgabe näherer Einzelheiten gerechnet. Zu den großen Fragen zählte, was der 38-Jährige auf dem Grundstück am Heideweg gewollt hat – und ob er möglicherweise durch den Genuss von Alkohol oder Drogen in seinem Urteilsvermögen beeinträchtigt war. Aktuell ist nämlich schwer zu verstehen, warum er im Angesicht zweier bewaffneter Polizisten nicht der mehrfachen Aufforderung nachgekommen ist, seine Waffe wegzuwerfen.