Nach 73 Jahren schließt die Fischfabrik Seestern in Bad Bramstedt

Die Homepage vom Fisch-Feinkosthersteller Seestern wurde bereits vom Netz genommen, das Festnetztelefon ist aber noch geschaltet. Eigentümer Gerhard Schönau nimmt ab: "Ich räume hier nur noch auf". Vor sechs Wochen hatte er seine Fabrik und den Fabrikladen geschlossen. Das Unternehmen wird jetzt komplett abgewickelt, das Firmengelände ist so gut wie verkauft. Damit geht an der Hamburger Straße die jahrzehntelange Tradition der Fischverarbeitung zu Ende. "Es war wirtschaftlich nicht mehr darstellbar", sagt Schönau. In der Rückschau war es ein Abschied auf Raten: Bereits 2019 hatte es in der Firma umwälzende Veränderungen gegeben. Die Massenproduktion für den Großhandel war eingestellt worden, 19 Mitarbeiter wurden entlassen. Mit rund 25 Beschäftigten sowie einem extra-angestellten Geschäftsführer wollte sich Seestern dann als Fisch-Feinkostmanufaktur positionieren, die insbesondere Frische-Theken im Bereich von Nord- und Ostsee sowie Hamburg beliefert. Doch das Konzept ging nicht auf. Das Jahr 2019 brachte "Riesenverluste", so Schönau. Mit Blick auf 2020 sei man frohgemut gestartet, aber es war "kaum unter optimalen Bedingungen zu schaffen". Dann kam die erste Corona-Welle, für Seestern sei dies "ein Booster" gewesen, der die negative Entwicklung noch verstärkte. Mitarbeiter schon Mitte 2020 informiert: Er habe das Unternehmen in Würde zu Ende bringen wollen, sagt Schönau, der die Firma seinerzeit von seinem Vater Rudolf übernommen hatte. Bereits zur Jahresmitte hatte er die Mitarbeiter über die geplante Schließung informiert. Ganz verbindlich, hanseatisch, liest sich nun auch die Information, die an den jetzt verschlossenen Zufahrtstoren hängt. Schönau empfiehlt darauf seinen Kunden die ehemaligen Mitbewerber, "damit Sie im neuen Jahr nicht ohne Fisch leben müssen". Die Firma Seestern war 1960 aus der zwölf Jahre zuvor gegründeten Fischfabrik August Kelle hervorgegangen, die zeitweilig 240 Mitarbeiter hatte, Anfang der 1980er Jahre dann aber Konkurs anmelden musste. Der leitende Angestellte Rudolf Schönau übernahm einen Teil aus der Konkursmasse und führte die Fischverarbeitung samt Fabrikladen weiter. Mehr Platz für Edeka und Lidl: Die Schließung und der Verkauf des Seestern-Firmengeländes ermöglichen dem Einzelhändler Edeka und dem Discounter Lidl wortwörtlich Spielraum für ihre weitere Entwicklung an der Hamburger Straße. Bereits in diesem Jahr will Edeka seinen Markt auf einem kleineren Teil des ehemaligen Seestern-Grundstücks erweitern und die Bauarbeiten auch noch bis Jahresende abschließen. Man warte nur noch auf die notwendige Baugenehmigung, erklärt Markt-Betreiber Dirk Möller. Auf dem übrigen Gelände an der Hamburger Straße wird wohl kein Stein auf dem anderen bleiben. Für das Jahr 2022 plant Lidl einen Neubau auf dem früheren Seestern-Gelände – wenn dann alle bauplanerischen Voraussetzungen vorliegen. Das jetzige Lidl-Gebäude soll zugunsten von weiteren Parkplätzen weichen. Ein erster Blick auf die Bauskizze zeigt die Front des Discounters optisch in einer Linie mit dem bestehenden Edeka-Markt. Und zwischen den beiden beliebten Versorgern: ein Fischgeschäft. Fischhaus Loof kommt mit Verkaufswagen: Ursprünglich hatte die Seestern-Feinkostmanufaktur dieses Geschäft beziehen wollen. Dirk Möller wird den projektierten Laden nun anderweitig vermieten. "Wir selbst werden ihn nicht betreiben, wir sind Spezialisten für Obst und Gemüse, Fleisch und Wurst. Fisch muss man können", sagt er. Für die Übergangszeit bis zur baulichen Fertigstellung fährt nun das Fischhaus Loof aus Husum den Edeka-Markt mit einem mobilen Verkaufswagen an; derzeit dienstags, ab März dann zusätzlich auch freitags. Am Sonnabend steht der Anbieter zudem regelmäßig auf dem Wochenmarkt in Bad Bramstedt und wäre dann dreimal in der Woche in der Stadt. "Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es mit dem Fischhaus Loof passen könnte", sagt Möller.