Segeberg schwenkt bei Busverkehr wohl um

In den nächsten Tagen sollen über die Entscheidung die Bieter der Ausschreibung informiert werden. Die Autokraft (Deutsche Bahn AG) kommt damit offenbar doch noch zum Zuge. Zuvor hatte sie dagegen geklagt, dass der Kreis wie ursprünglich geplant dem Vernehmen nach der Firma Rohde/Transdev den Zuschlag für den Auftrag über 121 Millionen Euro gibt. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hatte aber kritisiert, dass Rohde wohl zu wenig Reservebusse haben könnte. Autokraft bislang Platzhirsch: Die Autokraft fährt auch jetzt schon viele Strecken im Kreisgebiet. Der Kreis hatte die meisten Teilnetze (außer Norderstedt/Henstedt-Ulzburg und Trappenkamp/Bornhöved) zu Ende 2020 für zehn Jahre neu ausgeschrieben. Dies deckt rund 60 Prozent der Busverkehre im Kreis Segeberg ab. Außerdem wird ein erheblicher Komfortgewinn für Kunden von den Bietern verlangt. Busse mit viel Komfort: Darunter sind einige neue Fahrten, etwa im Stadtverkehr Kaltenkirchen. Es sollen auch modernere Busse fahren: mit Klimaanlage, Videoüberwachung für die Sicherheit, Euro-6-Abgasnorm für weniger Umweltverschmutzung, Farbmonitore für die Stationsanzeigen und WLAN für schnelle Internetverbindung der Passagiere. Elektro-Busse standen noch nicht auf der Wunschliste. Rohde fährt bislang nur den Stadtverkehr in Bad Segeberg, sollte den Zuschlag bekommen. Von rund 79 Fahrzeugen ist die Rede. Doch der bisherige Platzhirsch, die Autokraft, wehrte sich vor Gericht. Im März 2020 rügte sie angebliche Verstöße gegen das Vergaberecht, geht aus der vielseitigen Urteilsbegründung vor, die KN-online vorliegt. Streit um Reservebusse: Der Kreis als Beklagter hatte die Kritik zurückgewiesen. Rohde "habe eine Fahrzeugmenge angeboten, die die ordnungsgemäße Verkehrsdurchführung sicherstelle." Rohde hatte außerdem zugesichert, sein Bushersteller habe eine Verfügbarkeitsgarantie gegeben und zugesichert, bei Busausfällen ausreichend Ersatz über Schulungs- und Vorführfahrzeuge bereitzustellen. Die könnten das innerhalb der verlangten Frist von 30 Minuten doch gar nicht organisieren, hatte die Autokraft entgegengehalten. Zumal die Reservebusse ebenfalls Qualitätskriterien erfüllen müssten: Funk und Betriebsleitsystem, E-Ticketing, Monitore, WLAN und Videoüberwachung. Oberlandesgericht schmiss Planung um: Die Vergabekammer hatte im April 2020 den Nachprüfungsantrag der Autokraft noch zurückgewiesen. Anders urteilte das Oberlandesgericht in Schleswig im November 2020. Der Kreis müsse das Vergabeverfahren fortsetzen "und dabei prüfen, ob das Angebot der Beigeladenen von dem Verfahren auszuschließen ist." Mit anderen Worten: Ob Rohde/Transdev herausfliegt aus dem Vergabeverfahren. Anhaltspunkte für Mängel: Dafür sah das Gericht einige Gründe. "Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene mit dem von ihr verfolgten Fahrzeugkonzept die ausgeschriebenen Leistungen nicht erbringen kann", hieß es in der Urteilsbegründung. Das sei vom Kreis bislang "nicht hinreichend geprüft worden". Lesen Sie auch: Ab 2021 wegen Corona mehr Schülerbusse Das Gericht zweifelte an, dass Rohde schnell eine Busreserve mobilisieren könne. Denn Rohde sei ja auf die Mitwirkung des Busherstellers angewiesen. Die im Notfall herbeizurufenden Ersatzbusse könnten durch Staus oder Unfälle aufgehalten werden. Der Bushersteller habe in einer E-Mail selbst gesagt, die Ersatzfahrzeuge "innerhalb eines deutlich längeren Zeitraums zur Verfügung zu stellen". Zudem laufe dessen Verfügbarkeitsgarantie kürzer als der Zehn-Jahres-Vertrag mit dem Kreis. Vergaberecht sehr komplex: Und selbst Ersatzfahrzeuge aus dem eigenen Bestand bräuchten länger als eine halbe Stunde in den Kreis Segeberg oder seien wegen der Segeberger Anforderungen dort nicht einsetzbar, wo sie benötigt würden. "Der Senat hat erhebliche Zweifel daran, ob das Konzept in der Praxis funktionieren kann." Die Bereitstellung von Reservefahrzeugen würde Geld kosten. Kosten, die im Angebot von Rohde/Transdev an den Kreis bislang nicht berücksichtigt seien. Die Richter räumten ein, dass die Ausschreibung ein schwieriges Thema sei. "Es handelt sich beim Vergaberecht um eine Spezialmaterie." Busfirmen schweigen: Die Rohde Verkehrsbetriebe GmbH will zu dem "offenen Vergabeverfahren" keine Auskunft geben. Auch die Autokraft hält sich bedeckt. "Wir warten auf die Entscheidung des Aufgabenträgers." Also des Kreises. In den nächsten Tagen will der Kreis die Briefe mit der Entscheidung an die Anbieter senden. Dann beginnt, so heißt es, eine zehntägige Einspruchsfrist. Kommt es zu keinem Widerspruch, könnten die neuen Busse mit Glück ab Juli fahren. Ansonsten würde sich alles nochmals um Monate verzögern.

Nach Gerichtschelte - Kreis Segeberg schwenkt bei Busverkehr wohl um