Senioren in Bad Segeberg seit Wochen ohne warmes Wasser und Heizung

Streit ist so ziemlich das Letzte, was die Mieter des einst als altengerecht angepriesenen Blocks wollen. Doch inzwischen fühlen sie sich von ihrem Vermieter, der "ZBVV Zentral Boden Vermietung und Verwaltung GmbH", die das Objekt mit seinen 24 Wohnungen im Herbst vorigen Jahres erworben hat, einfach nur noch verschaukelt. "Mit uns Alten kann man es ja machen", gibt eine Seniorin, die wie zwölf weitere Betroffene zum Gespräch mit KN-Online erschienen ist, die allgemeine Stimmung wieder. Gerade erst haben die Verantwortlichen einen Zettel im Hausflur anbringen lassen, auf dem angekündigt wird, dass sich an den Zuständen "bis auf Weiteres" nichts ändern werde. Man arbeite aber an einer Lösung. Heizung muss komplett ausgetauscht werden: Das bestätigte das Unternehmen mit Hauptsitz in Erlangen und knapp 30 Standorten im Bundesgebiet auf Anfrage von KN-Online. Bei Wartungsarbeiten seien Defekte an der Heiz- und Warmwasseranlage festgestellt worden, die aus Sicherheitsgründen eine Stilllegung der Anlage notwendig gemacht hätten, erklärte ein Sprecher der ZBVV. "Die unmittelbar beauftragte Reparatur durch Austausch relevanter Bauteile konnte den Schaden nicht beheben, was bedauerlicherweise zu einer ungeplanten Verzögerung führte, da ein kompletter Austausch der Anlage erforderlich ist." Die Mieter seien hierüber von der Hausverwaltung informiert worden. Wasser jedes Mal auf dem Herd erhitzen: Dass die annähernd drei Jahrzehnte alte Anlage nach so langer Zeit schlicht rott ist, sehen auch die Betroffenen ein – nicht aber, dass man sie so lange mit ihrer Notlage allein lässt. Und es ist eine Notlage. "Viele Menschen werden von einem Pflegedienst versorgt", erzählt eine ältere Dame, "die müssen also auch gewaschen werden". Das sei zurzeit – wenn überhaupt – nur unter extrem erschwerten Bedingungen möglich. Selbst diejenigen, die noch alles allein erledigen können, haben vor allem bei der körperlichen Hygiene arg zu kämpfen: "Ich mache das Wasser in einem Pott auf dem Herd heiß und schleppe ihn dann quer durch die Wohnung ins Badezimmer", erzählt eine Mitsiebzigerin. "Wehe, wenn du dann stolperst." Eine Nachbarin, nur unwesentlich jünger, transportiert ihr warmes Wasser in einem Zehn-Liter-Eimer durch die Gegend. "Wir entwickeln uns zeitlich gerade weit zurück", lacht sie. Und eine andere Frau, schon über 80, ergänzt nicht ohne Sarkasmus: "Wir halten das alles aus, weil wir damals so aufgewachsen sind." Am 23. Mai war urplötzlich Schluss: Sie und die anderen können sich noch genau an den Tag erinnern, an dem die Heizung endgültig ihren Geist aufgab: "Das war der 23. Mai, ich kam etwas fröstelnd nach Hause, wollte mir die Hände waschen und danach Duschen", berichtet eine Frau aus dem Erdgeschoss. Von jetzt auf gleich sei nur noch kaltes Wasser aus dem Hahn gekommen. Und daran habe sich trotz wiederholter Reparaturversuche, zunächst durch den Hausmeister, dann durch einen Handwerker der Heizungsfirma, bis heute leider nichts geändert. Was die Betroffenen besonders ärgert: Es sei seit geraumer Zeit nahezu unmöglich, jemanden von der ZBVV ans Telefon zu bekommen. Dort laufe die meiste Zeit nur die Ansage, dass der Service wegen der Corona-Pandemie nur eingeschränkt möglich sei. Einen Anrufbeantworter gebe es nicht, die Leute würden aufgefordert, eine E-Mail zu schicken. Diese Erfahrung hat im Übrigen auch KN-Online bei mehreren Testanrufen gemacht. Montag soll mobile Anlage kommen: "Selbstverständlich ist es im Interesse der Hausverwaltung ZBVV, den Schaden schnellstmöglich sowie umfänglich zu beheben", erklärte der Sprecher. Der Austausch der Anlage sei beauftragt, zusätzlich werde ab kommendem Montag eine mobile Anlage aufgestellt, welche die Warmwasserversorgung zur Überbrückung gewährleisten soll. Erschwerend zum fehlenden Warmwasser kommt für die Bewohner derzeit allerdings hinzu, dass viele der Wohnungen aufgrund der Lage des Gebäudes hinter dem Speicher Lüken tagsüber nur wenig Sonne bekommen – entsprechend kühl ist es. "Ich sitze zurzeit jeden Abend mit einer dicken Wolldecke auf dem Sofa", erzählt eine Mieterin, die sich nur in einem Elektrorollstuhl fortbewegen kann. Die meisten ihrer Nachbarinnen und Nachbarn lassen die Heizung auch den Sommer hindurch immer ein wenig laufen. Altengerecht geht anders: Bei näherem Hinsehen stellt sich ohnehin die Frage, wie diese Wohnungen überhaupt einmal als altengerecht vermarktet werden konnten. Einziges Argument dafür ist die innenstadtnahe Lage. Ansonsten gibt es fast schon groteske Defizite: So ende der Fahrstuhl im zweiten Stock, berichten die Mieter, die Waschküche befinde sich allerdings im dritten. Die alten Leute müssen ihre Körbe also die Treppe hoch- und heruntertragen. "Neulich war der Fahrstuhl eine Woche lang ganz defekt; da konnte ich gar nicht raus", erzählt eine Seniorin, mit gut 60 die Jüngste im Block. Abgesehen von zum Teil extrem schmal geschnittenen Räumen, in denen ein Manövrieren mit Rollator oder gar Rollstuhl höchst schwierig ist: Die Duschkabinen haben einen gut zehn Zentimeter hohen Rand, den die Senioren erst einmal überwinden müssen – Rutschgefahr inklusive. Für solche Fehlplanungen kann allerdings der aktuelle Eigentümer des Wohnblocks nichts. Grundsätzlich leben die Senioren nach eigenem Bekunden auch gern dort. Und ihren Humor haben sie sich bislang ebenfalls bewahren können – auch wenn es derzeit eher Galgenhumor ist. Weitere Nachrichten aus dem Kreis Segeberg lesen Sie hier.

Seit fast vier Wochen - Senioren ohne warmes Wasser und Heizung