Stressfreies Fahren brachte laut Segeberger Verkehrsbericht weniger Unfälle

Kai Sievers, Verkehrsexperte der Polizeidirektion Bad Segeberg, staunt manchmal selbst, wenn er und seine Kolleginnen und Kollegen aus dem Dienstgebäude der Polizeidirektion an der Ziegelstraße (B432) und Dorfstraße in Bad Segeberg von oben in die vorbeifahrenden Fahrzeuge schauen. "Da ist zu sehen, wie sie nicht nur an der Ampel, sondern auch beim Fahren in ein Handy tippen. Selbst Tablets haben sie in der Hand." Auch bei manchem der 6652 Unfälle im vorigen Jahr (2019: 7633) rätselten manchmal die Beamten: Wie konnte es auf gerader Strecke bloß zu diesem Unfall kommen? Klar ist: Bei Verkehrskontrollen im vorigen Jahr wurden 3820 Fahrer mit Handy erwischt. 2016 waren es nur 1489 Verstöße gewesen. Der Trend zeigt seit Jahren nach oben. Wegen Corona hinkt der Vergleich mit 2019: Der Verkehrssicherheitsbericht der Polizeidirektion für 2020 kann mit den Vorjahren schwerlich verglichen werden. Wegen der Coronakrise wurde viel weniger gefahren. Der Leitende Polizeidirektor Andreas Görs hatte deshalb sogar mit mehr Unfällen gerechnet. "Abnehmende Verkehrsdichte führt oft zum schnelleren Fahren und erhöhter Risikobereitschaft." Weniger Berufsverkehr entspannte die Lage: Dass es rund 1000 Unfälle weniger wurden als 2019, führt Görs darauf zurück, dass die Autofahrer weniger im Hauptverkehr und Staus gesteckt haben. Der Berufsverkehr war somit entspannter. Die Menschen seien gelassener unterwegs gewesen. Ein Indiz: Auch die Tempoverstöße seien ja gesunken. Im gesamten Direktionsbereich, also den Kreisen Segeberg und Pinneberg, waren 154.000 Fahrer zu schnell unterwegs gewesen, rund 40.000 weniger als im Jahr zuvor. Weniger entspannt verhielten sich offenbar die Motorradfahrer im Kreis Segeberg. 127 Mal waren sie in Verkehrsunfälle verwickelt (plus 19). Junge Leute seltener Verursacher - weniger Gurtmuffel: Die Zahl der Unfälle mit jungen Fahrern sinkt seit einigen Jahren deutlich. 317 Mal nahm die Polizei Verkehrsunfälle mit jungen Fahrern zwischen 18 und 25 Jahren auf. Die jungen Leute waren auch seltener die Verursacher: 192 Mal. 195 Menschen wurden verletzt und eine Person getötet. Gurtverstöße sind in den vergangenen Jahren immer seltener geworden: Nur noch rund 2100 Fahrer wurden ertappt und damit 700 weniger als 2019. Rückläufiger Trend bei Unfällen mit Kindern und Senioren: 82 Mal waren Kinder unter 15 Jahren von Verkehrsunfällen betroffen. Das sind 13 weniger als 2019. Verletzt wurden 89 Kinder (87), keines starb (1). Im Trend geht auch die Zahl der Unfälle mit Senioren (365) und der Unfälle zurück, an denen sie Schuld tragen (232). 194 Menschen kamen bei den von ihnen verursachten Unfällen zu Schaden, ein Mensch starb. Weniger Fußgänger betroffen, dafür mehr E-Biker: 284 Radunfälle nahm die Polizei auf, mit 272 verunglückten Radlern. Zunehmend trifft es Fahrer Motor-unterstützter Pedelecs. In 82 Unfälle waren Fußgänger verwickelt, mit 74 verunglückten Fußgängern. Seit zwei Jahren sinken die Zahlen deutlich. Vielfältige Unfallursachen beobachtet: Das Missachten der Vorfahrt und Fehler beim Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren: Auf diese beiden Ursachen lässt sich die Hälfte der Verkehrsunfälle zurückführen. Fehlerhafte Straßennutzung, wie es im Amtsdeutsch heißt, spielt ebenfalls eine große Rolle. Darunter fällt das Fahren auf Radwegen in falscher Richtung. Für jeweils jeden zehnten Unfall verantwortlich sind zu schnelles Fahren und zu geringer Sicherheitsabstand. Unfälle in Städten: In Kaltenkirchen zählte die Polizei 117 mittelgroße und schwere Unfälle (2019: 141), in Norderstedt waren es 406 (475), in Henstedt-Ulzburg 116 (131). Überhöhte Geschwindigkeit auf den Autobahnen: 189 schwere und mittelschwere Unfälle wurden auf der A7 zwischen der Grenze zu Hamburg und Großenaspe bei Neumünster gezählt. 100 Menschen sind verletzt worden, drei starben. Diese Zahlen bewegen sich etwa auf dem Niveau von 2019. Zuletzt waren Sorgen aufgekommen, die sechsspurig ausgebaute Autobahn würde zu viel von Rasern genutzt und sei zu gefährlich geworden. Eine Tempobegrenzung gibt es in weiten Teilen aber weiterhin nicht. Weit ungefährlicher ist die A21 zwischen Leezen an der Kreisgrenze zu Stormarn und Stolpe (Kreis Plön). 46 Mal krachte es, mit 24 Verletzten und einem Toten. 2019 waren 56 Unfälle mit 41 Verletzten gezählt worden. Noch seltener musste die Polizei auf den kurzen Abschnitt der A20 zwischen Mönkhagen (Stormarn) und dem Autobahnende bei Bad Segeberg ausrücken. Bei 23 Unfällen wurden elf Menschen leicht oder schwer verletzt. 2019 wurden 22 Unfälle aufgenommen mit 26 Verletzten. Sechs Tote auf Segebergs Straßen: Sechs Menschen starben auf Segebergs Straßen, fünf weniger als 2019. Die Zahl schwankt seit Jahren um etwa zehn. 164 Menschen wurden schwer verletzt (Vorjahr: 176) und 1000 leicht verletzt (Vorjahr: 1093).