Ökoprojekt: Bund fördert, Land stoppt

Die Gemeindevertretung berät am Donnerstagabend, 20. August, ab 19 Uhr im Dörphuus. Bürgermeister Udo Bardowicks soll ermächtigt werden, Klage beim Verwaltungsgericht Schleswig einzureichen. Die Anwalts- und Gerichtskosten soll die Firma Lorica Energiesysteme GmbH & Co. KG übernehmen. Sie plant seit Jahren das Projekt im Norden Traventhals, zum Teil dort, wo eine mögliche, alternative A20-Trasse entlang führen könnte. Bund zahlt Zuschuss: Ein anderer Knackpunkt sind die geplanten sieben Windkraftanlagen. Sie sind in den bisherigen Entwürfen des Landes für eine neue Regionalplanung nicht vorgesehen. Hoffnung hatte der Gemeinde und Lorica gemacht, als im Frühling dieses Jahres vom Bundeswirtschaftsministerium ein Förderbescheid über 170.000 Euro für die Planungskosten des Sektorenkopplungswerkes eingegangen war. "Das ist ein Startschuss, den man nicht mehr überhören kann", hatte Bürgermeister Udo Bardowicks sich gefreut. Dämpfer nach Gespräch im Innenministerium: Und für den weiteren Ausbau sei mit Fördergeldern in Höhe von 9,1 Millionen Euro zu rechnen, hatte Ingenieur Stefan Holbein von der ausführenden Firma Lorica frohlockt, einem Schleswig-Holsteiner Familienunternehmen. Lesen Sie auch: Mehr Windstrom für Wärme und Verkehr Doch nun gab es einen Dämpfer. In einem Gespräch mit der Staatssekretärin Kristina Herbst aus dem Innenministerium habe diese den Traventhalern angekündigt, dem am 16. Dezember 2019 beschlossenen Flächennutzungsplan der Gemeinde nicht zuzustimmen. Es werde zusätzlich der Gemeinde untersagt, weitere Planungen in der Richtung vorzunehmen. "Das lassen wir uns nicht gefallen!": "Das lassen wir uns nicht gefallen!", meinte Bürgermeister Udo Bardowicks in einem Pressegespräch. "Wir ziehen das Ding jetzt durch!" Er sei enttäuscht von der Landesregierung. "In Berlin wird unser Vorhaben als mustergültig für die ganze Republik anerkannt, und in Kiel nimmt man die Sektorenkopplung nicht einmal zur Kenntnis." Stefan Hobein, Chefplaner bei Lorica, gab sich gemäßigter: "Wir sind frohen Mutes, dass sich die Dinge politisch oder gerichtlich klären lassen." Gegen eine Nichtgenehmigung von Flächennutzungs- und Bebauungsplan würde geklagt. Die Untersagung der Weiterplanung sei unerheblich, da die Planungen schon abgeschlossen seien. Planungshoheit bei Gemeinde? Derzeit gebe es keine rechtsgültige, neue Regionalplanung. Denn "2015 hat das Oberverwaltungsgericht in Schleswig die Regionalpläne des Landes für nichtig erklärt." Traventhal habe nur von seiner Planungshoheit Gebrauch gemacht. Und die Ziele des Sektorenkopplungskraftwerkes entsprächen exakt den in der Koalitionsvereinbarung der Jamaika-Koalition in Kiel formulierten Energiezielen. Ferner zählten nach dem Bundesbaugesetz die beantragten Flächen zum sogenannten "Innenbereich". Für sie würden also Vorschriften eines später kommenden Regionalplanes nicht gelten. Viel Zeit für Widerspruch gelassen? Lorica-Geschäftsführer Dr. Bernd Panzer stößt sauer auf, dass sich das Land viel Zeit für den Widerspruch genommen hätte. "Am 16. September 2019 sind unsere Pläne nach Kiel gegangen, am 25. August 2020 endet die Einspruchsfrist des Landes, ab dann sind unsere Pläne automatisch genehmigt." Nur wenige Tage vor Fristende fordere das Land nun zu einer Stellungnahme zu einer möglichen Versagung auf. Panzer ist entschlossen: "Wir machen weiter!" Zunächst würden die Haushalte in Traventhal nach ihrem Wärmebedarf befragt, später in Klein Gladebrügge und Betriebe im Gewerbegebiet in Bad Segeberg. Die Nachfrage sei wichtig für die Berechnung der Durchmesser der Wärmetransportrohre. Je nach Anzahl der Kunden werde die Kilowattstunde Wärme 5 bis 6 Cent kosten. Land weist Vorwürfe zurück: Das Landesinnenministerium weist die Vorwürfe zurück. Die Windkraftanlagen seien auf Flächen geplant, die außerhalb geplanter Vorranggebiete lägen. Dort befänden sich charakteristische Landschaftsräume, würden die 1000 Meter Mindestabstand zur Wohnbebauung nicht eingehalten. Lesen Sie auch: Land hat Zweifel an Ökoprojekt Das habe das Land schon am 29. Oktober 2018 der Gemeinde mitgeteilt. "In Kenntnis all dessen hat die Gemeinde mit Datum vom 26. September 2019 ihre Planungsunterlagen übersandt", sagt Pressesprecher Dirk Hundertmark. Am 25. Oktober 2019 habe das Land seine Haltung bekräftigt. Mehrere Schreiben und Gespräche: Es seien noch zwei Gespräche im Juni 2020 gefolgt. "Mit Schreiben vom 27. Juli 2020 wurde der Gemeinde unter Beifügung eines Entwurfes des Bescheides die Absicht der Landesplanungsbehörde mitgeteilt, die Planungen zu untersagen. Entsprechend folgt nun die Untersagung durch die Planungsbehörde." "Die Landesregierung befürwortet ausdrücklich Sektorenkopplungsprojekte", meint Sprecher Hundertmark. "Allerdings müssen diese Projekte im Rahmen der geltenden Rechtslage realisiert werden." Bund lehnt Verantwortung ab: Das Bundeswirtschaftsministerium sagt auf Anfrage, es fördere zwar prinzipiell innovative Wärmenetze. Baurechtliche und sonstige Genehmigungen prüfe es aber nicht, so eine Sprecherin. „Die Umsetzung des Baurechts obliegt den Ländern und Kommunen.“ Von Klaus J. Harm und Gerrit Sponholz Weitere Nachrichten aus dem Kreis Segeberg lesen Sie hier.

Traventhal will klagen - Land stoppt Ökoprojekt, das der Bund fördert