Warten auf den Anti-Drogenzug

Zwei Jahre ist es nun her, dass Jürgen Schlichting das erste Mal im Anti-Drogenzug "Revolution Train" war und sich vornahm, den Zug aus Prag nach Segeberg zu holen. Einige Überzeugungsarbeit musste geleistet werden, bis die Haltepunkte in Bad Segeberg, Bad Bramstedt und Norderstedt feststanden, die Finanzierung geklärt war. Moderatoren sollen 4000 Schüler durch den Zug führen: 16 Moderatoren, die 4000 Schüler aus dem Kreis durch den Anti-Drogen-Zug führen sollen, waren im Februar, noch vor dem Lockdown, in Prag ausgebildet worden. Darunter auch Miriam Schlichting, Romi Haack, Evelyn Kakkuri und Christian Schmok. Im Mai sollte es losgehen, dann im Oktober, nun wird es August 2021 - wegen Corona. Es sei eine sehr intensive Schulung gewesen. "Wir haben Prag nur im Dunkeln gesehen", erinnert sich Romi Haack. Sie arbeitet bereits in der Suchtberatung, ist zudem in Wahlstedt Schulsozialarbeiterin. Sie kennt sich aus mit Drogenprävention. Auf den Zug war sie sofort neugierig gewesen. Jedes Abteil führt tiefer in den Drogensumpf: "Ich hätte nie gedacht, dass Prävention so berührend sein kann", sagt sie nun. In dem Zug durchlaufen die Schüler in knapp 90 Minuten eine Drogenkarriere. "Es fängt ganz entspannt an mit der Frage, ob die Schüler eine rauchen wollen", schildert Haack. Lesen Sie auch: Fotostrecke zum Anti-Drogen-Zug In jedem Abteil können die Schüler eine Entscheidung treffen. Gezeigt wird in jedem Abteil auch der Abschnitt eines Films. "Darin entscheidet sich ein Schüler immer falsch", erläutert Miriam Schlichting. Und sinkt immer tiefer in den Drogensumpf mit allen Konsequenzen. "Ich habe selbst zwei Söhne im Teenageralter", sagt Miriam Schlichting über ihre Motivation, sich in dem Projekt zu engagieren. Sie gehören genau zur Zielgruppe des Projekts. Der Zug mache auch deutlich, wie machtlos Eltern sein können, wenn das Kind abrutscht. Ausstiegsmöglichkeiten für gefährdete Jugendliche: Im Szenario gebe es aber auch eine Schülerin, die immer nein zu den Drogen sagt. Es wird mit den Schülern diskutiert, weiteres Material gezeigt zum Thema. "Und es werden den Schülern immer Zeitpunkte genannt, wo es Momente gibt, in denen sie aussteigen, das Ruder rumreißen können", betont Evelyn Kakkuri. Sie ist Schulsozialarbeiterin am Schulzentrum Leezen und absolut überzeugt von dem Projekt, das im Vorfeld auch viel kritisiert wurde. Es setze zu sehr auf Abschreckung. "Prävention hat schon immer Abschreckung genutzt": Den Vorwurf kann Kakkuri nicht wirklich nachvollziehen. "Prävention hat schon immer auf Abschreckung gesetzt", findet sie. Auf jeder Zigarettenschachtel sei das zu sehen. Auch wenn Schüler im Gespräch mit Drogensüchtigen, etwa trockenen Alkoholikern reden, sei das Prinzip genauso Abschreckung. Der Präventionszug sei etwas Neues, kein Frontalvortrag, wie es oft in der Prävention geschehe. Er arbeitet mit Medien, die Jugendlichen werden eingebunden in die Geschichte. "Jeder Jugendliche wird sich in dem Zug irgendwo wiederfinden", ist Christian Schmok überzeugt. Auch er ist als Präventionspolizist vom Fach. 120.000 Euro Kosten für den Zug: Sein Kollege Jürgen Schlichting hat sich zusammen mit der Kreisverkehrswacht stark eingesetzt für den Zug. Dass er dabei gegen so viele Widerstände arbeiten muss, hätte er 2018 nicht gedacht. Er bedankt sich bei den zahlreichen privaten Sponsoren, die knapp die Hälfte der 120.000 Euro bereitgestellt haben, damit der Revolution Train im Kreis Segeberg halten kann. Den Rest haben der Kreis, die Städte und Gemeinden finanziert. Zahl der Dogendelikte und Drogentoten steigt: Mit herkömmlichen Ansätzen sei die Zahl der Drogendelikte und der Drogentoten in Deutschland nicht gesunken, betont Schlichting. Oder auch nur gleichgeblieben. Im Durchschnitt der zurückliegenden zehn Jahre gebe es eine Steigerung von 2,6 Prozent jährlich bundesweit bei den Delikten. "Laut Bundeskriminalamt sind 30 Prozent aller Tatverdächtigen unter 21 Jahre alt", so Schlichting. "Die Konsumenten sind dabei noch nicht eingerechnet." Zudem sei der Besuch des Zuges nicht alles. Dies werde begleitet mit Projektarbeiten an den Schulen unter der Fragestellung: Was macht dich stark gegen Drogen? Die besten Arbeiten würden prämiert. Dazu sollen einige Monate nach dem Besuch auch die Ergebnisse einer Befragung der Schüler vorgestellt werden. Fast alle Schulen machen mit: Das Interesse bei den Schulen am Anti-Drogen-Zug ist groß. "90 Prozent aller Schulen beteiligen sich", sagt Schlichting. Neben den geplanten Stopps des Revolution Trains in Norderstedt (16. bis 23. August 2021), Bad Segeberg (24. bis 28. August) und Bad Bramstedt (30./31. August) kündigt Schlichting nun auch einen Halt am 1. September in Neumünster an. 450 Schüler würden dort den Zug besuchen. Außerdem stellte er noch einen Stopp in einer weiteren Stadt in Aussicht. Das sei aber noch nicht ganz geklärt. Moderatoren halten sich fit bis August: Die Moderatoren hoffen derweil, dass sie das Gelernte aus ihrer Schulung nicht vergessen. Eigentlich wären sie jetzt im Oktober dran gewesen. Es gebe einiges zu beachten: Themen, die an den einzelnen Punkten angesprochen werden sollen, das Zeitlimit in jedem Wagen müsse beachtet werden, da von hinten schon die nächste Gruppe kommt. Und die Technik muss auch korrekt bedient werden. Dies werden sie im Vorfeld nochmal studieren: "Wir haben ein dickes Handbuch erhalten." Verkehrswacht sammelt Spenden für Schüler: Die Kreisverkehrswacht sammelt noch immer Spenden für den Revolution Train. "Die Jugendlichen im Bereich Bad Segeberg müssen bisher drei Euro zahlen", erklärt Vorsitzender Jörg Friedhoff-Schüller. Ziel sei es, dies durch Spenden zu übernehmen. Dazu hat die Kreisverkehrswacht bei der Sparkasse Südholstein extra das Spendenkonto Drogen-Prävention Segeberg eingerichtet: IBAN: DE68 2305 1030 0510 9710 05. Weitere Nachrichten aus dem Kreis Segeberg lesen Sie hier.

Warten auf den Anti-Drogenzug - Segeberger Moderatoren sind bereit