Wegen Veruntreuung wurde ein Norderstedter Vereinsvorsitzender verurteilt

Wegen gewerbsmäßiger Untreue in 13 Fällen wurde der Angeklagte deshalb vom Norderstedter Amtsrichter Jan Willem Buchert zu acht Monaten Freiheitsstrafe mit zweijähriger Bewährung verurteilt. Ein Vorstandsmitglied des Vereins erklärte, dass aber noch weit mehr als die angeklagten Taten vorgekommen seien, "doch die sind inzwischen verjährt". Deshalb spielten sie im Strafprozess keine Rolle mehr. Beschuldigter verteidigte sich selbst: Der 57-jährige Beschuldigte, der ohne Verteidiger erschienen war, zeigte sich voll geständig und erklärte, warum er sich aus der Vereinskasse mit 5000 Euro bereichert habe. Sein Hausbau sei plötzlich um über 50.000 Euro teurer geworden. Das habe er nicht mehr wuppen können. "Die Schulden haben sich aufgestaut. Wir hatten nichts mehr zu essen, und der Strom sollte auch abgestellt werden", so der bei der Bahn beschäftigte Angeklagte, der verheiratet und Vater von zwei Kindern ist. Lesen Sie auch: Kreis Segeberg verschärft die Corona-Maßnahmen Deshalb habe er immer wieder Beträge zwischen 110 und 1386 Euro auf sein Privatkonto überwiesen, als Auslagen deklariert. "Das ging auch alles so einfach, weil das nie jemand kontrolliert hat." Zwischendurch wollte er, so seine Einlassung, ein Darlehen aufnehmen, um das unterschlagene Geld zurückzuzahlen, aber da habe leider die Bank nicht mitgespielt. Schließlich wusste der Angeklagte gar nicht mehr, wie hoch die veruntreute Summe war. "Ich hatte den Überblick verloren", gab er zu. Plötzlich flog die Unterschlagung auf: Ein damaliges Vorstandsmitglied schilderte als Zeugin ausführlich, wie der unerlaubte Griff in die Kasse durch den damaligen Vorsitzenden, der 20 Jahre im Amt und sehr aktiv war, schließlich 2019 aufflog. Für musikalische Auftritte des Kirchenchors wurde ein Podest benötigt. Die 7500 Euro teure Investition dafür wollte der Förderverein übernehmen, da ja genug Geld durch Mitgliedsbeiträge und Spenden auf dem Konto waren. "Das hat der Vorsitzende uns auch immer wieder bestätigt. Er war sogar bei den Gesprächen mit dem Tischler wegen des Podestes dabei." Lange Zeit konnte sich der Angeklagte mit der Bezahlung noch herauswinden. "Er sagte, dass die Kirchengemeinde aus rechtlichen Gründen die Rechnung erst einmal in Vorkasse begleichen müsse. Danach würde der Förderverein dann das Geld erstatten", so die Zeugin. Doch das sei trotz mehrfacher Aufforderung einfach nicht geschehen. "Er hat uns immer wieder mit allen möglichen Ausreden hingehalten, vertröstet." Vorstand erwirkte Konteneinsicht - und war geschockt: Schließlich sei es dem Vorstand zu dumm geworden, "weil wir einfach an keine Unterlagen kamen". Deshalb habe man bei der Bank vorgesprochen und Einsicht in die Konten genommen. Und da sei der Schreck riesengroß gewesen. "Es hätten über 13.000 Euro auf dem Konto sein müssen, doch es waren nur noch 309 Euro da." Deshalb folgte die Strafanzeige. Lesen Sie auch: Corona in Segeberg - Testen auf Hochtouren, Handel stinksauer Parallel wurde ein Zivilprozess gegen den Angeklagten angestrengt, um an das veruntreute Geld zu kommen. Die Summe liegt nach Angaben der Zeugin deutlich höher als die jetzt im Strafprozess angegebenen 5000 Euro. "Es waren rund 13.500 Euro, die fehlten", so die 60-Jährige. Schließlich habe sich der Angeklagte in einer notariellen Vereinbarung bereiterklärt, diese Summe und die inzwischen angefallenen Gebühren, alles zusammen über 17.000 Euro, in monatlichen Raten von 500 Euro abzustottern, um eine Lohnpfändung abzuwenden. Mit der Rückzahlung habe er auch bereits begonnen. Weitere Geldstrafen zu begleichen: Die Zeugin geht deshalb von viel, viel mehr als den jetzt 13 angeklagten Fällen zwischen Februar 2016 und April 2019 aus. Das alles habe bereits 2009 begonnen, meint sie. "Aber die Taten sind inzwischen verjährt." Wie im Verfahren bekannt wurde, muss der Angeklagte nicht nur den entstandenen Schaden zurückzahlen, sondern hat ferner noch monatliche Raten in Höhe von 325 Euro für drei Geldstrafen wegen dreier Verurteilungen wegen Fahrens ohne Führerschein zu begleichen. Warum er sich immer wieder ohne Führerschein hinters Lenkrad eines Autos setzte, könne er auch nicht erklären, so der Angeklagte. Richter folgt Antrag der Staatsanwaltschaft: Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft forderte acht Monate Freiheitsstrafe mit einer zweijährigen Bewährungszeit für den Beschuldigten. Richter Buchert schloss sich diesem Antrag in seinem Urteil an. Auch für ihn sei strafmildernd, dass sich der Angeklagte, der noch im Gerichtssaal den Schuldspruch annahm, alles gestanden habe. Buchert führte aber auch an, dass es noch eine Anzahl verjährter Fälle gegeben habe. Als Auflage für den Angeklagten verfügte der Richter, dass dieser eine Schuldnerberatungsstelle aufsuchen müsse, um einen Finanzstatus erstellen zu lassen. Und noch etwas gab Buchert dem 57-Jährigen, der nun im Alten Land lebt, mit auf den Heimweg. "Machen Sie endlich mit Ihrer Frau reinen Tisch, bevor es zu spät ist. Sagen Sie ihr, wie die finanzielle Situation wirklich ist." Denn das hatte der Angeklagte nach seinen Worten bislang nicht übers Herz gebracht.