Bodo Stade zur Landtagswahl in SH: Warum das Ergebnis noch offen ist

Die Ausgangslage vor einer Landtagswahl schien selten so eindeutig wie vor diesem Sonntag. In den Umfragen aller Institute liegt die Partei von Daniel Günther so klar vorn, dass selbst die üblichen Schwankungen kaum einen Zweifel daran lassen: Der Ministerpräsident wird sich nach dem 8. Mai aussuchen können, mit wem er die nächsten fünf Jahre regieren will. Ist die Wahl also schon gelaufen? Keineswegs. Das zu glauben, wäre sogar ein großer Fehler. Ja, die Christdemokraten haben alle Chancen, wieder stärkste Kraft zu werden. Und Daniel Günther dürfte auf dem stolzen Schiff „Schleswig-Holstein“ wieder die Kapitänsmütze tragen. Doch mit welcher Mannschaft wird er welchen Kurs einschlagen? Das ist derzeit völlig offen. Günther selbst beteuert bis zuletzt, dass er „Kurs halten“ und die Jamaika-Koalition mit Grünen und FDP am liebsten fortsetzen möchte. Das ist ihm sogar zu glauben. Denn Günther hat davon am meisten profitiert. Die Öko-Partei hat dafür gesorgt, dass Umwelt- und Klimaschutz auch in einer CDU-geführten Regierung eine Stimme hatte. Die Liberalen standen gleichzeitig für eine Wirtschafts- und Verkehrspolitik, die auch den Christdemokraten schmeckte. Weil auf diese Weise für jeden etwas dabei war, vereinte Jamaika breite gesellschaftliche Schichten. Gut für den Ministerpräsidenten, der die Zustimmung dafür jetzt offenbar auf dem Konto der CDU verbuchen kann. In einer Dreier-Konstellation hätte Daniel Günther alle Trümpfe in der Hand: Der Haken: Je stärker die CDU wird, desto unwahrscheinlicher ist eine Fortsetzung von Jamaika. Günther selbst würde vielleicht sogar ein Dreier-Bündnis schmieden wollen, selbst wenn er rein rechnerisch nur einen Partner für die Mehrheit im Landtag bräuchte. Denn in einer Dreier-Konstellation hätte er alle Trümpfe in der Hand, um die Mannschaft bei einer kleinen Meuterei zu disziplinieren. Wer dem Kapitän zu viel Kontra gibt, müsste dann jederzeit fürchten, von Bord zu fliegen. Lesen Sie auch Landtagswahl 2022: So gehen die Spitzenkandidaten in den Endspurt Stunde der Wahrheit: Wer übernimmt im Norden Regierungsverantwortung? Das wissen aber auch Grüne und FDP, die deshalb bereits klargemacht haben, dass sie nur dann in eine Koalition gehen würden, wenn sie auch gebraucht werden. So gesehen steht Schleswig-Holstein vor nicht weniger als einer Richtungsentscheidung. Entweder lässt sich die konservative und vor allem im ländlichen Raum verankerte Nord-CDU tatsächlich auf ein Bündnis mit den Grünen ein, oder sie bildet mit dem ewigen Wunschpartner FDP ein Team. Notfalls könnte dafür sogar der SSW angeheuert werden. Das Problem von Herausforderer Thomas-Losse-Müller ist damit schon hinlänglich beschrieben. Seine SPD spielt bei den Koalitionsüberlegungen bislang kaum eine Rolle – obwohl es zusammen mit Grünen, FDP und SSW sogar eine Mehrheit jenseits der CDU gäbe. Welchen Kurs wird Schleswig-Holstein nehmen? Zum Glück dürfen darüber die Wählerinnen und Wähler entscheiden. Es kommt auf jede Stimme an.