Christian Hiersemenzel zur Jamaika-Koalition

Einzig aufgrund der sogenannten kleinen Bundestagswahl an diesem Sonntag, wenn das bevölkerungsreiche Nordrhein-Westfalen an die Urnen schreitet, wurden die Genossen zur Ruhe verdonnert. Die Parteifreunde im Norden tun alles dafür, der SPD-Regierungschefin Hannelore Kraft nicht im Weg zu stehen. Nächste Woche aber könnten die Dämme brechen. Will sich Schleswig-Holsteins SPD auch nur den Hauch einer Machtoption bewahren, muss sie ihren zwei möglichen Partnern entgegenkommen. FDP-Stratege Wolfgang Kubicki hatte bereits am Montag den Finger in die Wunde gelegt und eine Ampel unter Albig ausgeschlossen. Was in der Landeshauslogik nichts anderes bedeutet, als dass er sich im Umkehrschluss eine Ampel unter anderer Führung sehr wohl vorstellen könnte. Die Grünen jedenfalls, denen neben der FDP die Rolle der Königsmacher zukommt, haben die Botschaft sofort kapiert. Am Dienstag räumte Fraktionschefin Eka von Kalben ein, dass Albig auf dem Weg zu einer Ampel tatsächlich ein Hemmschuh sei. Im grünen Selbstverständnis kommt kaum etwas anderes in Frage, selbst wenn man dafür einen Torsten Albig opfern müsste. Bitter? Mag sein. Aber so ist das im knallharten Politgeschäft. Nun witzelt man bei den Grünen, dass als Regierungschef im Ernstfall auch Robert Habeck in Frage käme. Ja, das klingt zunächst abwegig. Aber mindestens genauso abwegig wäre es, wenn nach gescheiterten Verhandlungen um eine Jamaika-Koalition Wahlverlierer Torsten Albig die Geschäfte weiterführte. Vollkommen absurd aber erscheint es, dass man sich im Berliner Willy-Brandt-Haus ernsthaft darüber Gedanken macht, einer neuen Landesregierung den großen Heilsbringer von außen aufzupfropfen. Soll das Land etwa jemand regieren, mit dem die Wähler gar nicht rechnen konnten? CDU-Chef Daniel Günther weiß um all diese Schwierigkeiten und gibt sich siegesgewiss. Seine Jamaika-Koalition wäre ein Bündnis der Gewinner und würde, was fast noch wichtiger ist, eine breite gesellschaftliche Basis repräsentieren. Es gibt da nur ein Problem: Die linken Nord-Grünen können so gar nicht mit der wirtschaftsliberalen FDP, und die Grüne Monika Heinold müsste für eine engere Zusammenarbeit mit dem FDP-Mann Wolfgang Kubicki all ihre Willenskraft aufwenden. Auf seine wiederholten Attacken zur HSH Nordbank reagierte sie in letzter Zeit zunehmend schockgefrostet. Ob eine Zusammenarbeit überhaupt funktioniert, will man an diesem Montag im Kieler Atlantic-Hotel sondieren. Ein Scheitern hätte Folgen: Sollte sich die Antipathie verhärten, käme für Schleswig-Holstein nur noch eine Große Koalition in Frage. Bitte nicht!

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