Als Stegner nicht reagierte, wurde es für die 43-Jährige endgültig Zeit zur Emanzipation. Der überraschenden Ankündigung auf dem sogenannten kleinen Parteitag in Neumünster war denn auch eine kurze, aber heftige Debatte vor der Tür vorausgegangen. So jedenfalls erzählen es sich Genossen in diesen Tagen, und dabei schwingt Bewunderung mit: Da hat eine Genossin mit ihrer Impulsivität endlich das gewagt, was längst überfällig gewesen war: Der kühle Kopfmensch Stegner wurde vor vollendete Tatsachen gestellt.
Vieles spricht dafür, dass diese Kandidatur nicht abgesprochen war. Würde der Bundestagsabgeordnete Sönke Rix Parteichef werden, brächte das Stegner als Fraktionschef nicht ansatzweise in Bedrängnis. Die auch in der SPD vielfach geforderte Teilung von Amt und Mandat wäre auf natürliche Weise gegeben. Doch nun könnte alles anders kommen. Midyatli als Parteichefin müsste auch in der Fraktion mehr Macht einfordern – und vor allem mehr Redezeit auf der öffentlichen Bühne im Landtag. Sollte sie Stegners Fraktionsvize bleiben, ginge das nur mit einem Arrangement. Wenn das nicht zustande kommt, droht der Partei weiteres Ungemach.