Kontrollen an Dänemarks Grenzen: Kommentar von C. Hiersemenzel

Der Traum vom grenzenlosen Europa hat jenseits von Flensburg schon länger für unruhige Nächte gesorgt. Jetzt macht die Regierung von Sozialdemokratin Mette Frederiksen unmissverständlich klar, was sie vom Kern des Schengen-Abkommens mit seiner Abschaffung der Binnengrenzen und dem unbeschränkten Reiseverkehr hält: leider nicht viel. Wie schade. 1996 war Dänemark dem Schengen-Raum beigetreten und hatte seit 2001 weitgehend auf Kontrollen verzichtet. Deutsche Urlauber, vor allem aber der rege Transportverkehr, profitierten davon. Doch dann kam die Flüchtlingskrise, woraufhin das zunehmend überforderte Schweden an seiner Grenze zu Dänemark wieder Kontrollen einführte. Im ohnehin migrationskritischen Kopenhagen war man froh, damit einen Anlass gefunden zu haben, die Kontrollposten Richtung Süden zu reaktivieren. Schengen? Für Dänemark nicht viel mehr als ein Name: Dass Ende 2019 zusätzlich noch ein 70 Kilometer langer Wildschweinzaun zu Schleswig-Holstein hochgezogen wurde, um – so die offizielle Begründung – gegen die Afrikanische Schweinepest gewappnet zu sein, verstärkte den Eindruck: Schengen ist zumindest für Dänemark nicht mehr viel mehr als ein Name. Lesen Sie auch Dänemark hält an Grenzkontrollen zu Deutschland fest Russisches Aufklärungsflugzeug über Ostsee: So lief der Einsatz der Eurofighter Diplomatische Gründe verhindern den Protest: Kein Wunder also, dass Politiker hierzulande immer schriller reagieren. Nach Wladimir Putins Überfall auf die Ukraine hätte Europa ganz andere Sorgen, als dass sich Verbündete gegeneinander abschotten. Dass Daniel Günthers Landesregierung nicht schärfer gegen Dänemarks Abschottung und seine fatalen psychologischen Effekte protestiert, hat diplomatische Gründe: Man will den Streit nicht weiter eskalieren. Doch spätestens nach der Landtagswahl bedarf es eines klaren Wortes. Weg mit den Kontrollen! Die Region Süd- und Nordschleswig mit ihren jahrzehntelang gewachsenen wirtschaftlichen, kulturellen, sozialen und freundschaftlichen Verbindungen hat etwas Besseres verdient als eine Grenze, die in den Köpfen alle halbe Jahr aufs Neue zementiert wird. Wie lange will sich Brüssel das eigentlich noch gefallen lassen?