Wahl in Schleswig-Holstein: Warum die CDU ihren Wahlsieg auch den Grünen verdankt

Die Prognosen haben sich nicht nur bestätigt, die Realität hat sie noch übertroffen: Mit überwältigendem Vorsprung ist Ministerpräsident Daniel Günther wiedergewählt worden, seine CDU landet bei rund 43 Prozent aller Stimmen. Was hat Günther richtig gemacht – und was haben seine bisherigen Koalitionspartner Grüne und FDP falsch gemacht? Die Antwort dürfte in der Diskrepanz zwischen Wahlarithmetik und Wahlverhalten liegen. Fünf Jahre Jamaika-Politik, davon die Hälfte sehr zweckorientiert unter dem Druck der Pandemie, haben bei vielen Menschen im Land den Eindruck hinterlassen: Läuft doch mit der Landesregierung, die vertragen sich ja blendend. Dass unterm Strich diese Legislaturperiode weniger durch innovative Perspektivbildung als durch halbwegs pannenfreies Krisenmanagement in Erinnerung bleiben wird, tritt da schnell in den Hintergrund. Vor Landtagswahl: Harmonie prägt Politik in Schleswig-Holstein: Ebenso schnell übersehen mäßig politikinteressierte Wählerinnen und Wähler, dass es fürs „Kurshalten“, um mal den CDU-Slogan zu zitieren, eben nicht reicht, wenn auf einmal alle die CDU wählen. Der bisherige Kurs war trotz aller vorgetragenen Harmonie ein Kompromiss zwischen den drei Koalitionären. Vor allem der Input der Grünen hat dazu geführt, dass Daniel Günther nicht nur als der frische junge Ministerpräsident glänzen konnte, der den glücklosen Torsten Albig aus dem Feld geschlagen hat, sondern sich so ganz nebenbei auch noch den Nimbus eines klimaschutzbewussten Politikers erwarb. Lesen Sie auch Liveblog zur Landtagswahl: Aktuelle Infos von den Wahlpartys Ergebnisse zur Wahl in Schleswig-Holstein: Von der Hochrechnung bis zum Endergebnis – immer gut informiert Nach Landtagswahl: Koalitionsverhandlungen könnten Enttäuschungen mit sich bringen: Umso spannender werden jetzt die Koalitionsverhandlungen, denn eigentlich hat Günther keine Not, erneut mit den Grünen zu regieren und sich so sehenden Auges unbequeme Diskussionen einzuhandeln. Auf der anderen Seite werden all diejenigen, die die CDU in der naiven Hoffnung auf „Kurs halten“ gewählt haben, enttäuscht sein, wenn sich dieser Kurs plötzlich ändert, weil die Umweltpartei nicht mehr mitregiert. Das kann der alte und neue Ministerpräsident wiederum auch nicht wollen, denn Günthers persönliche Karriereplanung sieht in Wirklichkeit sicher nicht das Kieler Landeshaus als Endstation vor. In fünf Jahren wird wieder ein neuer Landtag gewählt – zuvor wird in der Landeshauptstadt über den nächsten Oberbürgermeister abgestimmt. Der Amtierende Ulf Kämpfer (SPD) behauptet bislang, nicht wieder antreten zu wollen. Sollte er stattdessen als Ministerpräsident kandidieren, würden die Karten völlig neu gemischt. Denn im Gegensatz zum ehrenvoll gescheiterten Günther-Herausforderer Thomas Losse-Müller ist Kämpfer gut bekannt und vernetzt. Womöglich hieße sein Gegner dann aber schon nicht mehr Daniel Günther – weil der längst auf dem Weg nach Berlin wäre.