Schleswig-Holstein: Nabu sieht Artenschutz durch Windkraftanlagen in Gefahr

Der Nabu geht in die Offensive. „Der Druck der Windkraft-Lobby führt immer häufiger dazu, dass deren Planungsbüros und Gutachter die Konflikte mit dem Artenschutz bagatellisieren und Unbedenklichkeitsbescheinigungen erstellen, die am Naturschutz weit vorbeigehen“, kritisiert Oscar Klose vom Nabu Schleswig-Holstein. Man habe festgestellt, dass bei einer Vielzahl von Planungen Gefahren wie das Kollisionsrisiko für geschützte Vogelarten mit Windrädern systematisch kleingeredet werde. „Oder man empfiehlt als ’Vermeidungsmaßnahme’, die Windkraftanlagen zu bestimmten Zeiten abzuschalten. Das ist in der Praxis aber gar nicht kontrollierbar.“ Viele Konflikte hätten sich nach Meinung des Umweltschutzverbandes vermeiden lassen, wenn die Landesregierung auf ihre eigenen Fachleute im Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) gehört hätte. Diese hatten schon 2008 empfohlen, in einem bestimmten Radius um die Brutplätze geschützter Greif- und Großvögel generell Windkraftanlagen auszuschließen. „Viele Gebiete, die heute als angeblich geeignet für Windenergie ausgewiesen sind, liegen teilweise oder vollständig innerhalb dieser Schutzradien“, sagt Nabu-Geschäftsführer Ingo Ludwichowski. Zwar habe das Umweltministerium 2013 genauer geregelt, wie die Gefährdung von Groß- und Greifvogelbrutplätzen untersucht werden soll. „Aber es fehlt weiterhin an klaren und verbindlichen Bewertungsmaßstäben. Jeder Gutachter, der von den Windkraftbetreibern beauftragt werde, entscheidet nach eigenem Gutdünken und offensichtlich allzu oft orientiert an den Ziel-Erwartungen seiner Auftraggeber, wann ein Vorhaben für Seeadler und andere Großvögel kritisch wird“, sagt Klose und nennt ein Beispiel: So würden Gutachter davon ausgehen, dass die Steigerung des Tötungsrisikos erst ein unzulässiges Ausmaß erreicht, wenn 50 oder 80 Prozent aller registrierten Flugbewegungen in der geplanten Windkraftfläche liegen. „Das ist fachlich willkürlich und nicht haltbar. Die artenschutzrechtlich zulässige Grenze ist spätestens bei zehn Prozent erreicht.“ Schließlich könne schon ein einziger Durchflug tödlich enden. Bagatellisiert werde auch die Bedeutung Schleswig-Holstein für den Vogelzug. „Manche Gutachter gehen so weit, die Existenz seit langem bekannter Vogelzugkorridore anzuzweifeln, obwohl unter anderem in Ostholstein das Gegenteil durch Jahrzehnte lange Zugvogelerfassungen nachgewiesen ist“, sagt Klose und fordert, dass künftig eine unabhängige, staatliche Institution die Gutachten in Auftrag geben und begleiten. „Es kann nicht sein, dass der Planungsträger de facto die naturschutzfachliche und rechtliche Verträglichkeit seiner Planung selbst belegen kann.“ Der NABU fordert vom Umweltministerium zudem verbindliche Bewertungsstandards, die sicherstellen, dass Windkraft-Planungen im Einklang mit geltendem Umweltrecht erfolgen.

Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein - Nabu sieht Artenschutz in Gefahr