Es ist dieser ganz besondere Duft, der den Metalhead und sein Lieblingsfestival umweht. Spätestens nach dem zweiten Tag breitet sich in Wacken der typische WOA-Geruch aus. Eine unheilige Mischung aus feuchter Erde, alter Gülle – und jeder Menge menschlicher Abwässer. Eigentlich. Doch in diesem Jahr – trotz kurzen Starkregens und Gestank-befördernder Hitze – roch es in Wacken nach … nichts.
Denn die Festivalmacher haben durchgegriffen und den ungezählten Wildpinklern und Wildmüll-Entsorgern den Kampf angesagt. Nicht alle hielten sich daran, aber die weitaus meisten berücksichtigten doch die Appelle, die im härtesten Müll-Zuwiderhandlungsfall mit dem Entzug des Festivalbändchens drohten. Und so roch es in Wacken mal nach Schweiß, Bier, Wurst, Knoblauch, Kiffen oder was auch immer – aber eben nicht mehr nach Notdurft.
Wacken 2019: Akkurat standen die Müllsäcke an der Parzellengrenze
In einem eigens vor dem Festival auf Youtube hinterlegten Video appellierten die Festivalmacher an die Fans: „Nehmt euren Scheiß wieder mit nach Hause, besonders Kühlschränke.“ Das taten die meisten tatsächlich. Die geräumten Campingplätze mussten teilweise den Vergleich mit Reihenhaussiedlungen nicht scheuen. Akkurat standen die Müllsäcke an der Parzellengrenze – dazu noch meist getrennt, Pfandflaschen wurden häufig den Sammlern hinterlassen. In so mancher Berliner Straße sieht es nicht so ordentlich aus.
Viel entscheidender aber als ein sauber hinterlassener Platz ist die Relevanz, die die Themen Nachhaltigkeit und Rücksicht auf die Natur für die Besucher einnehmen. Die einschlägigen Gruppen in den sozialen Medien sind voll mit Posts über besenrein hinterlassene Campingplätze und gleichzeitig ein virtueller Pranger für die wenigen, die sich rücksichtslos verhalten. Die Metal-Fans wollen ihr „Holy Land“ offenbar wirklich zu einem besseren, zumindest aber zu einem saubereren Ort machen. Den Hashtag dafür gibt es auch schon: #greenwacken.
Wacken 2019: Plastikverpackungen sind Mangelware, Strohhalme verbannt, das Einweggeschirr ist meist kompostierbar
Auch auf dem Festivalgelände wurde versucht, für Nachhaltigkeit einzustehen. Plastikverpackungen sind Mangelware, Strohhalme verbannt, das Einweggeschirr ist meist kompostierbar. Der „Metal Markt“, ein Supermarkt auf 2000 Quadratmetern direkt am Festivaleingang, bot frische Ware aus der Umgebung an, die sich in Pappkartons abtransportieren ließ. Auch Ökostrom wurde bei der 30. Ausgabe des WOA vermehrt benutzt, ebenso wie Elektrofahrzeuge auf dem Gelände.
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Der so häufig beschworene „Geist von Wacken“ hat sich offensichtlich auch auf Umwelt- und Nachhaltigkeitsbelange ausgedehnt. Offensiv sprachen Festivalbesucher Wildpinkler an oder beklagten sich in Foren und auf Twitter über „schwarze Schafe“ und Rücksichtslosigkeiten. Den weitaus meisten Besuchern ist es offensichtlich wichtig, die Wiesen von Wacken, Gribbohm und Holstenniendorf nach Kräften so zu hinterlassen wie sie vorher waren.
Die Metalheads, allesamt ja eher in der Kategorie „Leute, vor denen die eigenen Eltern uns gewarnt hatten“ anzusiedeln, sind pingeliger und sozial-sensibler als wohl so manche ihrer Erzeuger. Und das WOA scheint auch den Titel des saubersten Großfestivals der Welt erlangen zu wollen. Heavy Metal riecht seit diesen Sommertagen anders.
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Von Daniel Killy/RND