Kieler Literaturfest lockte mit drei Chamisso-Preisträgern

Stimmengewirr erfüllte die Abendluft auf der Wiese vor dem Aussichtspavillon. Getränke und kulinarische Kleinigkeiten - wie stets liebevoll zubereitet von den Damen des Literaturhaus-Freundeskreises - fanden großen Zuspruch. Und als Wolfgang Sandfuchs, Leiter des Literaturhauses Schleswig-Holstein, das Lesefest eröffnete, waren die großzügig bemessenen Bankreihen bis zum letzten Platz besetzt. Drei Autoren waren geladen - allesamt Träger des Chamisso-Preises, der seit 25 Jahren von der Robert-Bosch-Stiftung an Autoren nichtdeutscher Herkunft vergeben wird, die in deutscher Sprache schreiben.Bevor es losging, verwies Lena Brixa, als Volontärin im Literaturhaus maßgeblich mit der Organisation des Literatursommers betraut, auf das „bewährte Kreisspiel“, das den Zuhörern bei zwei parallel laufenden Lesungen ermöglicht, von einem zum anderen Autor zu wechseln.Konkurrenzlos für alle hörbar las zunächst Marica Bodrozic Gedichte aus dem Band Ein Kolibri kam unverwandelt. Die im heute kroatischen Dalmatien geborene Autorin kam mit neun Jahren nach Deutschland - ein Land, dessen fremde Sprache sie mit zunehmender Aufenthaltsdauer als „wärmendes Kleidungsstück“ beschreibt. Die Auseinandersetzung mit der Sprache ist ein zentrales Thema in den Texten der 36-jährigen Wahl-Berlinerin. Virtuos jongliert sie mit Worten, malt poetische Sprachbilder und erzählt in ihren märchenhaft anmutenden Gedichten kleine, zauberhafte Geschichten.Catalin Dorian Florescu verbrachte seine Kindheit in Rumänien. Seit er 15 ist, lebt er in der Schweiz. „Ich habe hochdeutsch in Zürich gelernt, das grenzt schon an ein Wunder“, so der 42-Jährige, der seinen Roman Zaira, vorstellte - eine pralle, bunte Geschichte, gewürzt mit viel rumänischem Lokalkolorit und einer gehörigen Portion Humor. Im Mittelpunkt steht eine Frau aus Rumänien, die mit ihrem ungeliebten Mann vor den Kommunisten in die USA flieht und als Greisin in ihr Land zurückkehrt, um ihre große Liebe wieder zu treffen. „Ich kann auf Rumänien verzaubert schauen“, so Florescu, „ich verbiete mir nicht die schönen Erinnerungen an das Land und an meine Kindheit.“Auch Selim Özdogan, dessen Romane Im Juli und Die Tochter des Schmieds in engem Zusammenhang zu Filmen von Fatih Akin stehen, kam schnell mit dem Publikum ins Gespräch. Der gebürtige Türke, Jahrgang 1971, lebt heute in Köln - und liebt das Kuriose. In seinen witzigen, manchmal auch nachdenklichen Geschichten entwirft er Parallelwelten, deren Ähnlichkeit mit dem wirklichen Leben nicht zu übersehen sind.Bevor Marica Bodrozic das Publikum im zweiten Teil des Abends mit Auszügen aus Erzählungen und dem Essayband Sterne erben, Sterne färben. Meine Ankunft in Wörtern fesselte, lud Schauspielerin Eva Krautwig in der Pause zu einem geführten Rundgang durch den Lyrikparcours. Ein gern genommenes Angebot, ein schöner Abend.

Literaturfest im Alten Botanischen Garten lockte mit drei Chamisso-Preisträgern - Kieler Literaturfest lockte mit drei Chamisso-Preisträgern