Komponist und Dirigent Hans Zender, einst GMD in Kiel, mit 82 gestorben

Der 1936 in Wiesbaden als Sohn eines Zahnarztes geborene Musiker hatte sein Kieler Amt nach Kapellmeister-Jahren in Freiburg und Bonn 1969 mit nur 33 Jahren angetreten. Bis hinein in die Olympiade 1972 sorgte der GMD an der Seite von Intendant Joachim Klaiber für viel frischen Wind an der Förde. Zimmermann-Uraufführung zu Olympia: Im damaligen olympischen September schrieb Zender vor seinem Wechsel zum Saarländischen Radio-Sinfonie-Orchester noch einmal Musikgeschichte im Kieler Schloss, als er die Uraufführung (eine von fünf in jenem Konzert!) von Bernd Alois Zimmermanns pessimistischer „Ekklesiastische Aktion“ Ich wandte mich und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne für Sprecher, Bass und Orchester dirigierte. Erstes Opernstudio in Deutschland: In Kiel etablierte Zender das allererste Opernstudio in Deutschland überhaupt. Hier dirigierte er als zentralen Kraftakt des Hauses die von Hans Neugebauer inszenierte Produktion von Wagners Tetralogie Der Ring des Nibelungen. Über 70 Komponisten des 20. Jahrhunderts von Stockhausen bis zurück zu Anton von Webern finden in seiner Ära im Opernhaus und in Konzerten sowie in der „musica nova“-Reihe Berücksichtigung. Bach-Passion durchmischt mit Schönberg: In eine Aufführung von Bachs Matthäus-Passion durch das im Mai 1971 aufwertend in „Philharmonisches Orchester“ umbenannte „Orchester des Vereins der Musikfreunde“ integriert Zender kühn den Überlebenden aus Warschau von Arnold Schönberg. Im Kontext Kieler Kulturpolitik forderte er vehement die Gründung einer städtischen Musikschule ... Dirigent Zender: Akribische Strenge: Seine Akribie, das haben Orchestermusiker betont, gründete stets auf perfekter eigener Vorbereitung. Strenge und effektives Arbeiten an einer genauen Interpretationsvorstellung hinderten den eher Verschlossenen offenbar trotzdem nicht daran, mit sich jederzeit über musikalische Auffassungen reden zu lassen. GMD an der Hamburgischen Staatsoper: Von der Chefposition beim bald vielbeachteten Saarländischen RSO führte die Karriere, die 1975 auch eine Parsifal-Serie bei den Bayreuther Festspielen beinhaltete, weiter an die Hamburgische Staatsoper. Dort war Zender an der Seite von Intendant Kurt Horres von 1984 bis 87 GMD. In der Dammtorstraße stieg der streitbare Kämpfer für die Neue Musik jedoch vorzeitig aus, weil eine mit ihm im Juni 1987 geplante Neuproduktion von Luigi Nonos Prometeo abgesetzt wurde. Chef in Hilversum, Gast in Brüssel und Freiburg: Noch einmal wirkte er beim Radiokamerorkest des Niederländischen Rundfunks als Chef sowie als Principal Guest Conductor an der Opéra National Brüssel. Von 1999 bis 2010 war er ständiger Gastdirigent des SWR Symphonieorchesters Baden-Baden und Freiburg. Mit ihm verabschiedete er 2008 Alfred Brendel in der Hamburger Laeiszhalle in den pianistischen Ruhestand. Komponist Zender: Haikus und Opern: Das unfangreiche kompositorische Schaffen von Hans Zender verdient im Kleinen (etwa dem an japanischen Haikus orientierten Werkzyklus Lo-Shu) wie im Großen (Opern Stephen Climax, Don Quijote de la Mancha und Chief Joseph) in seinen strengen Strukturen Beachtung. Zenders "komponierte Interpretationen": Besondere Popularität erreichten seine „komponierten Interpretationen“, faszinierende orchestrale Neubeleuchtungen von historischen Kompositionen – etwa von Schuberts Winterreise (2003 auch im Kieler Philharmonischen Konzert) oder Schumanns Klavierfantasie in C-Dur (hier 2018 mit dem Festivalorchester unter Jurowski zu erleben).

Theater Kiel - Anwalt neuer Töne: Hans Zender gestorben