SHMF: Klaus Florian Vogt in Kiel: Zurück zur Natur

Und das, obwohl auf der Bühne ein Heldentenor von Bayreuths Gnaden geladen war. Doch Klaus Florian Vogt ist zwar ein blonder Hüne. Aber gibt weder den Schreihals noch den Stimmbandprotz. Im Gegenteil: Auch in Wagner-Partien spaltet er die Gemeinde mit seinen stets knabenhaft leicht angesetzten, dann aber auch frappierend strahlkräftig fokussierten Tönen. Dass der 2008 mit dem Kunstpreis des Landes Schleswig-Holstein geadelte Dithmarscher aber trotz langjährigen Einsatzes als Großbühnenrecke noch in der Lage ist, derart lyrisch geschmeidig Liedlinien zu zeichnen, überraschte dann doch. Den unglückseligen Gesellen, der in Franz Schuberts Die schöne Müllerin erst die heimlich Angebetete an den Jäger und schließlich ganz die Lebenshoffnung verliert, malte Vogt lange unter dem simplen Motto „zurück zur Natur“. Im Volksliedton und mit ungläubigem Lächeln ließ er ihn lange kaum merken, dass das Glück an ihm vorüberzog. Alles klang gesund, nur wenige Töne gerieten verhaucht, nur vereinzelt störte eine reichlich norddeutsche Endsilben-Verfärbung – ansonsten herrschte eine beispielhaft verständliche Wilhelm-Müller-Diktion – und naive Klangschönheit. Sogar im Tränenregen war der verblendet Verknallte noch ehrlich überrascht, dass sich die Müllerstochter darin keine nassen Füßchen holen mochte. Helmut Deutsch hatte am offenen Flügel wesentlich früher Doppeldeutiges beizutragen. Als einer der nach wie vor besten Liedpianisten deutete er gleich in den ersten Teilen immer wieder an, dass da romantische Ironie, böser Witz und fatale Angst hinter der Naturfassade lauert. Großartig gerieten seine nie gleichförmigen Schattierungen in den Strophenliedern. Doch spätestens als die beiden einem allzu applausfreudigen Teil des Publikums endlich beigepult hatten, dass es sich bei Schuberts Liedfolge um einen geschlossenen Zyklus handelt, der für die Konzentration und den erzählerischen Fluss keine Unterbrechungen verträgt, gelang der gemeinsame Umschaltpunkt. Auch Vogts spätpubertärer Knabe hatte da plötzlich begriffen, dass das Jägergrün von der Schönen unabwendbar bevorzugt wurde. Und endlich stellte sich allseits vertiefte Liedkunst ein, schimmerte Seelenschmerz auch in der Singstimme. Dem brausenden Schlussbeifall dankte das Duo mit anheimelndem Brahms und innig erfühlter Volksliedkunst. Auch das alles andere als lauthals ...

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