Weltbilder und Sternkarten in der Landesbibliothek Eutin

Die Planeten rauschen in Göttergestalt und in auf Wolken gebetteten Himmelskutschen durch die Atmosphäre. Gerahmt und bewacht werden Merkur, Venus, Saturn und Luna von properen Engelsbüsten, während unten seitlich der Weltkugel die Wissenschaftler inmitten ihrer astronomischen und optischen Werkzeuge posieren. Fein gestrichelt und liebevoll koloriert zeigt die Karte von Andreas Cellarius (1595-1665) die Welt, wie sie der griechische Astronom Ptolemäus gut 100 Jahre nach Christi Geburt sah: mit der Erde im Mittelpunkt, um die Sonne, Mond und Planeten unermüdlich kreisen. Spektakulärer Sternenatlas Harmonia Macrocosmica (1660): „Das ist unser Prunkstück“, sagt Susanne Hatscher, die in der Landesbibliothek Eutin die Kartensammlung mit rund 10000 Stücken betreut, über den prachtvollen Kupferstich. Zusammen mit zwei ähnlich prachtvoll verzierten Weltentwürfen aus dem spektakulären Sternenatlas Harmonia Macrocosmica (1660) des in den Niederlanden wirkenden Wormser Gelehrten lenkt sie in der kleinen, feinen Ausstellung Die Entdeckung des Himmels den Blick zum Jahreswechsel auf die Sterne. Und darauf, wie sich die Vorstellung der Welt vom geozentrischen zum heliozentrischem System wandelte, mit dem Nikolaus Kopernikus (1473-1545) im 16. Jahrhundert die Astronomie revolutionierte. Tycho Brahe und Cellarius: Auch die Idee des berühmten, in Prag wirkenden Dänen Tycho Brahe (1546-1601), der eine Art Mittelweg zwischen den beiden Modellen beschrieb, hat Cellarius, über den nur wenig bekannt ist, in seinem Monumentalwerk verewigt. In Bildern, die sich in in den Umlaufbahnen der Planeten in Schichten aufzulösen scheinen – eine Art früher 3D-Effekt. Zwischen Mythologie und Astronomie: Die Wissenschaft erscheint dabei so doppelgesichtig wie zwiegespalten zwischen den Welten von Mythologie und Astronomie. Einerseits dokumentiert sie präzise Himmelsmessungen, andererseits verlieren sich die Kartographen im Verspielten von Ornamenten und Abbildungen antiker Götter und Tierwesen. So entwickeln die Karten ihren eigenen Reiz, in dem Versuch, das Abstrakte, akribisch Errechnete und das Ferne, Unfassbare des Kosmos in Einklang zu bringen. Und so wimmeln die Sternbilder immer wieder mit Abbildungen der antiken Götter oder Tierwesen durcheinander. Albrecht Dürer setzt den Standard: Die allererste Sternkarte schuf 1515 Albrecht Dürer, erklärt Bibliothekarin Susanne Hatscher, „und mit seinem Rückgriff auf die griechische Mythologie setzte er den Standard.“ Die Bibliothekarin hat sich für die Ausstellung in die fremde Materie hineingekniet. Von der Kartensammlung, die sie durchforstet hat bis zu einer sogenannten Planetenmaschine, dem Orrery, die sie online entdeckt und in etlichen Sitzungen zusammengebaut hat. In dem filigranen Modell lässt sich nun der Lauf der Himmelskörper und der Zeit durchspielen. Der furchterregende Himmel über der Südhalbkugel: Und noch etwas lässt sich aus den Karten ablesen: Wie die Welt bis zur Renaissance jenseits der Nordhalbkugel gar nicht existierte. So zeigen die Abbildungen des nördlichen Himmels Bären und antike Götter, während die Sternkarten der südlichen Halbkugel das Erleben derjenigen widerspiegeln, die sich meist übers Meer auf Entdeckungsfahrt begaben: in furchterregenden Meeresungeheuern und rätselhaften Strömen wie auf den Karten (1742) von Johann Gabriel Doppelmayr. Die Daten der Ausstellung: Landesbibliothek Eutin, Schlossplatz 4. Bis 29. Februar 2020. Di+Fr 9.30-18, Mi+Sa 9.30-13, Do 9.30-19 Uhr. www.lb-eutin.de

Landesbibliothek Eutin - „Die Entdeckung des Himmels“