Der unbekannte Mann sei im nordrhein-westfälischen Hagen aufgetaucht, sagte eine Sprecherin des Bundeskriminalamtes (BKA) am Mittwoch. Er sei tatverdächtig, stamme nach eigenen Angaben aus der Gemeinde Königsbronn in Baden-Württemberg und sei früher Angehöriger der Bundeswehr gewesen.
Der Mann soll im Juli 2016 im westfälischen Hagen zwei junge Leute angesprochen und Angaben zu dem Fall gemacht haben. Der Unbekannte habe Dinge erzählt, die Täterwissen seien. Er soll betrunken gewesen sein und berichtet haben, dass er aus Ochsenberg in der Gemeinde Königsbronn in Baden-Württemberg stamme, früher Angehöriger der Bundeswehr gewesen sei und einen Speziallehrgang bei einer Kompanie für „Psychologische Verteidigung“ absolviert habe.
Polizei bittet um Hinweise
„Die jungen Männer zeichneten das Gespräch auf ihrem Handy auf und verständigten die Polizei“, erklärten die Ermittler. Bevor die Polizei eintrafen, sei der etwa 45 Jahre alte Mann schon wieder weg gewesen. Die Ermittler hätten daraufhin die Sprachaufzeichnung ausgewertet – mit dem Ergebnis: Der Unbekannte werde als Tatverdächtiger eingestuft.
Die Beamten suchen nun nach Zeugen, die weitere Angaben zu dem Mann machen können. Auf der Homepage des BKAs ist die Stimmaufzeichnung des Mannes verlinkt. Das BKA veröffentlichte außerdem ein Fahndungsfoto. „Es ist eine heiße Spur. Wir hoffen, den Täter festnehmen zu können“, sagte ein Polizeisprecher in Ulm.
Die Ehefrau des damaligen Heidenheimer Sparkassenchefs wurde im Mai 2010 aus ihrem Haus entführt. Die Täter verlangten 300.000 Euro, die Übergabe des Lösegelds scheiterte. Später fand ein Spaziergänger die verweste Leiche der 54-Jährigen an einem Waldrand bei Heidenheim.
Das Verbrechen an der Bankiersfrau Bögerl
Das Verbrechen an der Bankiersfrau MariaBögerl beschäftigt die Polizei seit dem 2010, es gab mehr als 10000 gesicherte Spuren, viel Jahre aber keine entscheidende Spur. Ein Rückblick:
12. Mai 2010: Maria Bögerl (54), zweifache Mutter und Frau eines
Sparkassenchefs, wird aus ihrem Haus in Heidenheim entführt. Ihr Mann
hinterlegt 300 000 Euro Lösegeld an vereinbarter Stelle an der A7.
13. Mai 2010: Das Geld wird nicht abgeholt, der Kontakt zum
Entführer bricht ab. Von der Frau fehlt jede Spur.
14. Mai 2010: Maria Bögerls Handy wird gefunden. Ihr Auto entdeckt
die Polizei nach Hinweisen im Hof des Klosters Neresheim.
16. Mai 2010: Ein zunächst verdächtiger Mann wird kurz nach seiner
Festnahme wieder freigelassen.
18. Mai 2010: Die Belohnung für Hinweise zur Aufklärung des Falls
wird auf 100 000 Euro verdoppelt. Die Soko „Flagge“ wird gebildet.
19. Mai 2010: Mit einem verzweifelten Appell wendet sich die
Familie in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ an die
Täter: „Bitte geben Sie uns unsere geliebte Mama, meine Frau,
wohlbehalten zurück.“
3. Juni 2010: Ein Spaziergänger entdeckt am Waldrand die Leiche von
Maria Bögerl wenige Kilometer vom Haus der Bögerls entfernt.
9. Juni 2010: Unter großer Anteilnahme wird Bögerl beigesetzt.
24. Juni 2010: Die Polizei sucht nun auch mit Speichelproben nach
dem Täter.
3. August 2010: Die Bundesbank widerspricht, die Geldübergabe habe
sich nicht wegen einer Mittagspause ihrer Ulmer Filiale verzögert.
Oktober 2010: Bei der Polizei geht ein anonymes Schreiben ein, nach
dem die Lösegeldbeschaffung sehr viel schneller hätte klappen können.
11. Juli 2011: Bögerls Ehemann tötet sich selbst.
14. Juli 2011: Die Kinder der Bögerls kritisieren öffentlich die
Polizei.
5. September 2012: Die Polizei wendet sich über „Aktenzeichen XY“
erneut an die Bevölkerung. Daraufhin führt ein Mann die Polizei
monatelang mit falschen Hinweisen in die Irre. Dafür kassiert er
mehrere tausend Euro Belohnung - und schließlich zwei Jahre Haft auf
Bewährung.
Januar 2013: Die Soko wird von 16 auf 12 Ermittler verkleinert.
Mehr als 3000 Speicheltests machten die Beamten bislang auf der Suche
nach dem Täter oder den Tätern - eine heiße Spur ist nicht dabei.
8. Mai 2013: Erstmals ist nur die Rede von mehreren Tätern, sie
werden im Spielhallen-Milieu in Baden-Württemberg und Bayern gesucht.
14. Februar 2014: In Neresheim (Ostalbkreis) soll ein
DNA-Massentest die entscheidenden Hinweise bringen. Mehr als 3000
Männer sollen zur Reihenuntersuchung antreten.
21. August 2014: Die zweite Auflage des Massentests: Auch in
Giengen an der Brenz werden rund 500 Männer zum DNA-Test
aufgefordert.
Februar 2015: Ein dubioser Zeuge meldet sich bei der Polizei und
sorgt über Wochen für Wirbel. Er nennt einen Tatbeteiligten. Die
Durchsuchung von dessen Wohnung bringt aber keine Hinweise.
13. Februar 2015: Das Amtsgericht Ellwangen droht den
DNA-Verweigerern: Zur Not sollen sie zum Gentest gezwungen werden.
23. April 2015: Die Staatsanwaltschaft Ellwangen verkündet, den
angeblichen neuen Zeugen vorerst nicht mehr vernehmen zu wollen.
12. Mai 2015: Die Tat jährt sich zum fünften Mal.
November 2015: Auf der Suche nach dem Täter werten die Ermittler mit einer neuen Software derzeit 600.000 alte Datensätze aus - darunter vor allem Handy-Verbindungsdaten aus dem Tatzeitraum.
April 2016: Knapp sechs Jahre nach dem Mord an der Bankiersgattin geht die Polizei noch einmal 150 neuen Ermittlungsansätzen nach.
5. April 2017: Nun suchen die Ermittler nach einem Verdächtigen und gehen einer entscheidenden Spur nach. Der Mann ist in Nordrhein-Westfalen gesehen worden.
Von dpa/RND