„Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast”, heißt ein alter Spruch. Und er passt zur Lage, in der nun neue Zahlen zur Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid in Deutschlands Städten vorgelegt worden sind.
Nicht darüber, wie sich die Zahlen entwickelt haben, wird in erster Linie diskutiert. Nicht die Feststellung, dass die Luftqualität leicht besser geworden ist, oder die Frage, woran es liegt, dass trotz aller Bemühungen immer noch zahlreiche Städte die seit 2010 (!) geltenden Vorgaben nicht einhalten, dominieren die Debatte.
Es ist eine Debatte des Misstrauens: des Misstrauens in Grenzwerte und des Misstrauens gegenüber der Aussagekraft von Messwerten und Methoden. Eine Debatte, die grenzwertig ist. Weil sie auf Dauer Vertrauen zerstören kann, wenn sie weitergeht wie bisher.
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„Selbstüberprüfung und Überzeugungsarbeit“
Wenn die Bundesregierung nun wie angekündigt mit wissenschaftlicher Unterstützung versucht, ihre Position rasch zu klären und danach bei diesem Thema mit einer Stimme zu sprechen, wäre schon einmal ein Anfang gemacht. Wenn der Verkehrsminister das eine behauptet und die Umweltministerin das Gegenteil, muss sich die Regierung den Vorwurf gefallen lassen, alle zu verwirren.
Eine Überprüfung und gegebenenfalls auch die Neuplatzierung von Messstellen können helfen, in Deutschland neue Akzeptanz für die Grenzwerte zu erreichen. Auch der EU-Kommission wird dabei eine wichtige Rolle zuteil. Reflexartig-routiniert alle Einwände zurückzuweisen wird niemanden überzeugen, der Zweifel hegt. Selbstüberprüfung und echte Überzeugungsarbeit sind jetzt das Gebot der Stunde. Eine kommunikative Herausforderung für die Brüsseler Behörde.
Unabhängig von den Debatten über Sinn oder Unsinn der Grenzwerte lohnt ein Blick auf die jetzt vorliegenden Messwerte. Sie sind alles andere als ein Grund zur Entwarnung. Sie zeigen, dass die eingeleiteten Maßnahmen – darunter Software-Updates, überarbeitete Luftreinhaltepläne und Tempolimits – fast überall nicht den gewünschten Effekten gebracht haben. Bisher jedenfalls nicht.
Debatte um Stickoxid-Belastung in Deutschland
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Von Rasmus Buchsteiner/RND