„Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen“, proklamierte einst die Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft der DDR. Von der Ost-AfD lernen heißt siegen lernen ist die Parole des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke am Tag nach der Landtagswahl. „Ich glaube auch, dass dieser solidarische Patriotismus das Erfolgsmodell für die Gesamtpartei sein kann und sein sollte, wenn wir in den nächsten Jahren dann eine gesamtdeutsche Volkspartei werden wollen“, sagte Höcke. Und später fügte er vor der Bundespressekonferenz in Berlin hinzu: „Ich würde mich freuen, wenn die Mentalität des Ostens irgendwann die Mentalität ganz Deutschlands würde.“
Höcke: „Das muss nicht ich sein“
Höcke sieht sich und den radikalen „Flügel“ nach den drei erfolgreich verlaufenen Landtagswahlen im Aufwind – und meldet Ansprüche der ostdeutschen Landesverbände für die Neuwahl des Bundesvorstands Ende November an. Ob er selbst kandidieren möchte, ließ er ausdrücklich offen. „Das muss nicht ich sein, wir haben mehrere gute Vertreter, die das sein könnten“, sagte er und verwies auf den sächsischen Bundestagsabgeordneten Tino Chrupalla.
Chrupalla ist zur Kandidatur bereit und gilt als Favorit auf die Nachfolge von Parteisenior Alexander Gauland. Der Potsdamer wird im Februar 79, ist gerade als Fraktionschef wiedergewählt und hatte eigentlich vor, die Doppelbelastung von Partei- und Fraktionsvorsitz abzugeben.
Auf der Wahlparty in Erfurt ließ Gauland im Gespräch mit Journalisten durchblicken, dass ihn das Pflichtgefühl dazu bringen könnte, unter bestimmten Umständen doch weiterzumachen. Am Montag saß Gauland dann zwischen Höcke und seinem Co-Parteichef Jörg Meuthen. Während Meuthen Höcke unterschwellig attackierte, stand Gauland fest an der Seite des Thüringers.
Alexander Gauland?src=hash&ref_src=twsrc%5Etfw">#Gauland Fraktionsvorsitzender der @AfDimBundestag meint, dass der thüringische Spitzenkandidat Björn Höcke trotz Beobachtung durch den #Verfassungsschutz DIE #MITTE der Partei ist @BfV_Bund Mehr zur #ltwth19 https://t.co/UIRevbmHcm pic.twitter.com/1y6eftym82
— phoenix (@phoenix_de) October 27, 2019
Am Wahlabend hatte Gauland noch gesagt, Höcke sei „die Mitte der Partei“ und rücke „sie nicht nach rechts“. Am Montag schob er nach, er habe damit nicht die Mitte zwischen links und rechts gemeint, sondern dass Höcke „mitten in der Partei“ verankert sei. „Wenn jemand fast 25 Prozent holt, ist er keine Randfigur“, fügte Gauland hinzu.
Regierungsbildung in Thüringen schwierig
Meuthen hingegen versuchte es mit leicht giftiger Ironie: „Gesellschaftspolitisch steht er rechts, sozialpolitisch links, zusammen ergibt das vielleicht die Mitte.“ Und Höckes Werben für „solidarischen Patriotismus“ konterte der Marktliberale Meuthen mit dem Verweis darauf, dass dieser zur sozialen Marktwirtschaft passen müsste. Und er fügt hinzu: „Es wäre durchaus folgerichtig, wenn Höcke kandidierte.“
Das Rennen um den AfD-Vorsitz könnte noch äußerst spannend werden.
Von Jan Sternberg/RND